News & Mail - gestern, heute & morgen
Heute möchte ich mal über ein - primär technisches - Thema schreiben, dass ich schon seit drei Jahren hier im Blog (immer zum Jahreswechsel) anspreche, aber noch nie umfassend ausformuliert habe: mein Mailsetup, bzw. über das historisch gewachsene Chaos in diesem Bereich, das ich gerne auflösen würde. Am Rande geht es auch ein bisschen um Usenet-News, aber das ist nicht das Thema, das mich primär umtreibt, und kann getrennt betrachtet werden.
Ich möchte das (umfangreiche und in Einzelaspekten vielfach miteinander verknüpfte) Thema gerne - wie schon im Titel angekündigt - in drei Schritten angehen: Wie hat sich mein Umfang mit News und Mail über die letzten zweieinhalb Jahrzehnte entwickelt? Wie sieht mein Setup heute aus? Und wo möchte ich hin, was sind meine Vorstellungen für die Zukunft? (Das ist dann der Teil, wo ich konzeptionellen Rat und konkrete Software-Empfehlungen suche und dankbar für Berichte über eigene Lösungen bin, in der Hoffnung, dass der Knoten bei mir irgendwann einmal platzt.)
Ursprünglich wollte ich zwei verschiedene Beiträge verfassen: einmal den historischen Rückblick, und dann getrennt davon die konkreten Vorstellungen und Fragen für die Zukunft, um gezieltes Feedback und Tipps zu ermöglichen. Nun ist es doch ein einziger, langer Beitrag geworden. Wer Zeit und Lust hat, Reminiszenzen aus den letzten mehr als 20 Jahre zu lesen, der fängt vorne an; wer keine Zeit oder Lust hat, der kann (tl; dr) direkt zu meinen konkreten Vorstellungen und Fragen springen.
Usenet-News und E-Mail gestern
Wie ich schon auf meiner Homepage dargestellt habe, führte mein Weg online (Ende 1995) über Compuserve und dann AOL. Ich wundere mich retrospektiv selbst, dass mir die Mailbox-Szene ebenso wie die Möglichkeiten an der Universität bis dahin verborgen blieben, aber sei es drum. Bei Compuserve lernte ich die internen Foren kennen, bei AOL stolperte ich (wohl erst Anfang 1997?) mehr oder weniger zufällig über das Usenet - der ewige September dauerte da schon ein paar Jahre an, und natürlich war ich genau so ein typischer AOL-User. Die Newsgroups hatten es mir angetan; bald nutzte ich irgendein Tool (“AOL Offline Reader”), mit dem man den Abruf und das Posten vorbereiteter Beiträge automatisieren konnte, um Onlinezeit zu sparen, die teuer war. Und mit der Zeit lernte ich, dass AOL im Prinzip nur ein (technisch minderwertiges) Gateway zum eigentlichen Usenet darstellte. Von da an wechselte ich schon im Spätsommer 1997 zu einem Einwahlprovider und legte in den nächsten Jahren den Fokus auf einen guten Newsserver, denn meine Online-Welt drehte sich primär um das Usenet. Natürlich war auch E-Mail wichtig, und ein bisschen das World Wide Web (aber Surfen war teuer, und IRC ging schon kostenmäßig gar nicht). Dann ging alles recht schnell: mit der Zeit setzte ich Mailtraq als Multifunktionsserver unter Windows auf, lernte Perl, um UUCP-Batches zu entpacken und an Mailtraq zu verfüttern, verfasste 1998 meine erste eigene FAQ (zum Headerlesen bei E-Mails) und dann kam 1999 der berühmte Hamster zum Einsatz, der mir (zumindest auf dem Laptop) bis zuletzt erhalten blieb, auch wenn die eigentlichen Serveraufgaben durch einen Homeserver unter Linux übernommen wurden.
Ich schweife aber ab, wie ich merke. Der entscheidende Punkt: mit dem Wechsel aus dem Onlinedienst AOL ins Internet musste ich mir über Mail- und Newsclient Gedanken machen. Für das Usenet habe ich von Anfang an den Forté Agent genutzt, der gute Besprechungen hatte. Für E-Mail nutzte ich anfangs Pegasus Mail (oder kurz Pmail), dann aber ebenfalls den Agent, denn damals war vor allem das Usenet wichtig, und News und Mail gehörten schon immer zusammen; außerdem entsteht aus öffentlichen Postings ab und an eine Konversation per Mail, und das alles im selben Programm zu haben machte Sinn. Das ist bis heute so, mehr als 20 Jahre später: Agent ist mein News- und Mailclient.
Ende der 90er beendete ich mein Studium, Anfang der 2000er begann ich zu arbeiten und war einige Jahre Fernpendler. Für die Bahnfahrten begann ich einen geerbten Laptop zu benutzen, um dort News (und Mail) zu lesen und zu beantworten - in der Regel dergestalt, dass ich abends dann die Ausbeute des Tages ins Netz postete. Mobile Internetverbindungen waren unerschwinglich und mir auch technisch nicht zugänglich. Damit begann aber ein Problem, das mich die nächsten 20 Jahre in dieser oder jener Form begleitet hat: wie halte ich den Bestand zwischen Laptop und Desktop (dem Hauptrechner) synchron? Anfangs war das einfach: Für Mail nutzte ich das Feature, dass der Client Mails (auch über POP3) nach dem Abruf nicht löschen muss; ich ließ also auf dem Laptop die Mails auf dem Server und rief sie abends zuhause am Desktop ab. Für News war das einfach: die konnte man auf beiden Geräten schlicht getrennt abrufen. Ausgehende Mails und Postings konnte ich schlicht abends (oder einmal die Woche) auf dem Laptop exportieren und auf dem Desktop importieren. Schwierig war nur der Umgang mit ungelesenen (oder zur Beantwortung vorgemerkten, aber noch nicht beantworteten) Postings und Mails; diesen Status synchron zu halten war für Mails gar nicht und für Newsgroups mit meiner Software nur sehr unvollkommen möglich. Entweder musste ich das also im Kopf behalten, oder bis zum Abend (oder jedenfalls bis zum Wochenende) auf dem Laptop alles erledigen - oder primär auf dem Laptop arbeiten.
Über die Jahre habe ich mich für letzteres entschlossen. Dabei spielte sicherlich mit, dass ich ab Ende 2004 Wochenendpendler wurde; der “Homeserver” stand aber weiterhin am alten Wohnort, der hauptsächlich genutzte Desktoprechner auch - der Desktop in der neuen Wohnung funktionierte nie so richtig befriedigend und wurde jedenfalls praktisch nicht genutzt. Im Ergebnis habe ich daher Newsgroups und E-Mail allein auf dem Laptop bearbeitet und den Desktoprechner quasi als Archiv und Sicherung benutzt. “Standardisiert” habe ich das dann einige Jahre nach dem nächsten Umzug, als ich Anfang 2011 endlich einen Homeserver am nunmehr neuen Wohnsitz installiert und auch die Daten vom Desktop am alten Wohnort auf den (nunmehr wieder genutzten) Desktoprechner am neuen Wohnsitz kopiert hatte. Zugleich bin ich auf eine aktuelle Version des Agent umgestiegen. Den Wechsel - und auch den hier gerade nochmals dargestellten Weg dorthin - beschrieb ich damals, vor elf Jahren, schon hier im Blog; und auch dort hieß es:
Jetzt fehlt nur noch eine abschließende Lösung für das Mail- und Newshandling […]
Ja, so ist es, die fehlt. Immer noch.
Aber weiter im Text: Von Januar 2011 bis Januar 2021, also sagenhafte 10 Jahre, habe ich News und Mail weiterhin über meinen jeweiligen Laptop abgewickelt und jeweils zum Jahresende das komplette Datenverzeichnis auf den Desktoprechner kopiert, mit einem Shortcut verknüpft, der Agent im richtigen Datenverzeichnis startet, (bis vor einigen Jahren) Postings und Mails aus den Vorjahren gelöscht, das automatische Expire abgeschaltet und (um Unfälle zu vermeiden) die Zugangsdaten für News- und Mailserver gelöscht. Auf dem Laptop blieb der Datenbestand, wobei nach ~ 400 Tagen alte Postings automatisch gelöscht wurden. Mit Mails sah das etwas anders aus; es erwies sich oft als hilfreich, auch ältere Mails zur Hand zu haben, ohne dazu im (nach Jahren geordneten) Archiv suchen zu müssen. Außerdem hatte ich mir seit 2011 im Agent eine verschachtelte Struktur von Mailverzeichnissen angelegt - und nachdem Plattenplatz (für Textdateien!) auch auf einem Laptop kein Problem mehr war und der Laptop im selben Rhythmus wie der Desktop gesichert wurde, habe ich Mails auch dort weitgehend dauerhaft archiviert. (Was dazu führt, dass die Archiv-Instanzen auf dem Desktoprechner seit vielen Jahren nicht nur die Mails des jeweiligen Jahres, sondern auch der Vorjahre enthalten, aber wie gesagt, Plattenplatz für Textdateien ist heute kein Problem mehr; so viele Texte kann man gar nicht schreiben oder lesen.)
Mit den Jahren wurde ich sesshafter, und meine Nutzung verschob sich sukzessive vom Laptop als alleinigem Hauptrechner zum Desktop; seit 2013, und ganz sicher in den letzten Jahren habe ich den Laptop nur noch auf (seltenen) Reisen (meistens im Urlaub) und für News und E-Mail verwendet. Allerdings hatte ich 2011 auch den Mailabruf umgestellt und auf dem neuen Homeserver Roundcube als Webmailer installiert; auf diesen Datenbestand haben auch Smartphones und Tablets Zugriff. Zunehmend habe ich meine E-Mails dort gelesen und beantwortet, nicht zuletzt, weil Agent mit HTML-Mails bestenfalls rudimentär umgehen kann; viele zeigt er schon nicht richtig an, und sie zu beantworten, ist noch schwieriger. Schon 2016 war der Ablauf daher meistens so, dass ich Mails auf Mobilgeräten und dem Webmailer gelesen und beantwortet habe; ab und an, meistens nur noch am Wochenende, manchmal auch nur alle paar Wochen, habe ich dann den Laptop gestartet und Mails und News abgerufen. Die Mails wurden dann primär nur noch archiviert, ganz selten von dort aus beantwortet; dem Usenet habe ich mich überhaupt nur im (Mehr-)Wochenrhythmus gewidmet. Das lag am Ende nicht zuletzt daran, dass ich die Auflösung auf meinem Laptop recht hoch gestellt hatte, damit viel auf den Bildschirm passt, so dass die Schrift arg klein war - und da ich auch nicht jünger werde, wurde es damit auch immer anstrengender, sie zu lesen. (Ich brauche schon seit 2019 wohl eine neue Brille, weil ich sie für die Arbeit am Rechner und fürs Lesen absetzen muss, aber das ist wieder eine andere Baustelle; erst war viel zu tun, dann war Pandemie, dann war viel zu tun und Pandemie …) Meine Usenetpräsenz hatte sich schon im April 2020 wieder leicht erhöht, nachdem ich manche Newsgroups zwischendurch vom Desktop aus mit Xananews las; außerdem habe ich den Laptop dann ab Mai an den neuen zweiten Bildschirm angeschlossen, so dass endlich alles wieder groß genug war. Dennoch: auch das ist aufwendig.
Anfang 2021 habe ich dann einen Schnitt gemacht und Agent auf den Desktoprechner verschoben. (Und die leichtere Zugänglichkeit war sicherlich zumindest ein, wenn nicht der Grund dafür, dass ich 2021 zehnmal so viele Postings wie 2020 geschrieben habe - so viele wie seit 2011 nicht mehr.) Damit habe ich zugleich den Hamster abgeklemmt, der bis dahin auf dem Laptop werkelte - weniger zum Synchronisieren mehrerer News- und Mailaccounts als vielmehr wegen der Zusatzsoftware Korrnews, einem News- und Mailfilter, der bspw. Zeichensätze umkodieren, Quoting reparieren und diverse Header modifizieren kann. Darauf habe ich verzichtet; das einzige, was ich übernommen habe, war das Setzen einer Message-ID für Postings, aus der sich die Newsgroup und das Datum ergibt, denn das finde ich weiterhin sehr praktisch, um direkt erkennen zu können, worum es geht. Das macht (schon seit der Verwendung von Xananews) nunmehr ein Filter für den INN für mich. Die zweite alte Software, die noch auf dem Laptop lief, war gpgrelay - ein Filter, der eingehende Mail ent- und ausgehende Mail verschlüsseln (und signieren) kann. Das fand ich sehr praktisch, den Agent unterstützt GPG nicht, und ich schätzte es sehr, wenn die Verschlüsselung der Mails sich auf den Transportweg beschränkt. Verschlüsselt gespeicherte Mails kann ich nämlich nicht durchsuchen, ganz egal, ob ein- oder ausgehend. Allerdings war das letzte Release von 2005, und die Website ist seit 2017 nicht mehr verfügbar - zudem wurden manchmal (warum auch immer) Header verdoppelt. Der Abschied fiel daher recht leicht.
Usenet-News und E-Mail heute
Nach rund 25 Jahren stehe ich heute mehr oder weniger vor demselben Problem, das ich habe, seitdem ich Mail (und News) auf mehreren Rechnern lese; die derzeitige “Lösung” ist bisher das 2011 geschaffene, einigermaßen stabile Provisorium, letztmals modifiziert 2021, wie vorstehend beschrieben.
Nachstehend fasse ich den status quo nochmals getrennt nach News und Mail zusammen, und zwar sowohl aus technischer Sicht (Ein- und Ausgang sowie News-/Mailserver), in Hinblick auf die verwendete Software und meinen Workflow und unter Berücksichtigung der (für mich ebenfalls wichtigen) Archivierung.
News über einen lokalen INN
Bei News ist einfach: Ich betreibe im lokalen Netzwerk auf dem Homeserver einen lokalen Newsserver (einen INN), der hauptsächlich über meinen eigenen Newsserver news.szaf.org mit dem Usenet verbunden ist und zudem (historisch gewachsen) über drei UUCP-Feeds und - für spezielle, teilweise lokale Gruppen - via suck mit mehreren Servern News austauscht. Darauf haben alle Clients Zugriff. Problematisch ist nur die Synchronisierung der gelesenen Beiträge, aber das kann man entweder per Hand erledigen, oder ich kopiere einfach die Agent-Instanz auf den Laptop und nach dem Urlaub wieder zurück; beides ist für mich kein Problem, und das Usenet ist mir zwar noch lieb und teuer, aber nur noch ein Schatten seiner selbst, spielt daher im Alltag nur noch eine Nebenrolle. Die Archivierung der Postings erfolgt (nur in den von mir abonnierten Gruppen) lokal im Client, und zwar nach Jahren getrennt; sonst bekommt Agent irgendwann Probleme mit der Datenhaltung. Daneben gibt es mehr oder weniger sinnvoll nutzbare Newsarchive im Netz. Das alles ist für mich kein Problem, das kann im Wesentlichen so bleiben oder frisst jedenfalls mein Brot.
Mail - das Problem
Bei Mail sieht das anders aus.
Ich habe - in erster Linie historisch gewachsen - eine Vielzahl von Mailadressen bei verschiedenen Anbietern, und ich habe davon abgesehen eine Vielzahl von Domains registriert und eine Vielzahl von Projekten, für die ich (möglichst wenige, aber dennoch eine ganze Menge) verschiedene Mailadressen nutze. Ursprünglich wurde das alles per fetchmail auf dem Homeserver gesammelt; nachdem der früher öfter mal nicht erreichbar war (und deutlich mehr als 100 km von meinem neuem Wohnort entfernt - im Urlaub noch weiter), habe ich (auch ungefähr 2011) für die wichtigsten Postfächer eine andere Lösung über offlineimap geschaffen. Ich synchronisiere diese Postfächer auf dem Homeserver mit den Postfächern auf den externen Maschinen - der Gedanke war, dass ich im Urlaub bei Ausfall des Homeservers direkt auf die eigentlichen Postfächer zugreifen kann, aber bei deren Ausfall wiederum den Mailbestand zuhause “sicher” habe. Das macht, ehrlich gesagt, zumindest heute wenig Sinn, aber so ist es eben gerade.
Technisch sieht das daher so aus: Auf dem Homeserver läuft als lokaler IMAP-Server ein Dovecot, der auch extern zugänglich ist. Dort gibt es ein “Hauptpostfach” und (derzeit noch) drei weitere Postfächer, die über offlineimap mit externen Accounts (zwei auf einem meiner Server, einem anderswo) synchronisiert sind. Alle anderen Accounts werden einmal oder mehrfach täglich über fetchmail abgerufen, das die Mails dann an den lokalen Exim verfüttert, der sie wiederum dem Dovecot ins Hauptpostfach legt. Außerdem kommt (theoretisch) Mail per UUCP rein. Mailinglisten laufen im Prinzip alle in ein Postfach auf einem meiner Server, das viermal täglich per fetchmail abgerufen wird. Manche werden in lokale Newsgroups auf dem INN gegated, der Rest geht ins lokale Hauptpostfach. Ansonsten laufen praktisch alle meine Mailadressen (über die verschiedensten Wege) in ein weiteres Postfach auf einem meiner Server, das per offlineimap auf den Homeserver synchronisiert wird. “Administrative” Mail (vor allem die ganzen automatisch generierten Mails von Monitoring-Systemen und aus Cronjobs der diversen Server, aber leider derzeit auch Mail an Role-Accounts wie “newsmaster”) landet in einem dritten Postfach auf einem meiner Server, das ebenfalls per offlineimap auf den Homeserver synchronisiert wird. Ähnlich mit einem weiteren Account bei einem lokalen Providerverein, der ebenfalls per offlineimap auf den Homeserver synchronisiert wird.
Auf die Mails auf meinem Homeserver kann ich per Webmail (Roundcube) zugreifen, sowohl aus dem lokalen Netz als auch per VPN von außen; außerdem könnte ich natürlich jeden beliebigen Mailclient nehmen. Über IMAP habe ich von extern Zugriff und nutze das, um auf dem Smartphone Mails lesen und notfalls auch kurz beantworten zu können. “Erledigte” (gelesene oder ggf. beantwortete) Mails aus den per offlineimap synchronisierten Accounts schiebe ich ins Hauptpostfach auf dem Homeserver; ab und an (meistens einmal pro Woche) mache ich das auch mit den Mails aus dem “Adminpostfach”.
Mein Forté Agent kann nur POP3 und hat daher nur Zugriff auf das Hauptpostfach. Wenn ich ihn starte und Mail abrufe (mindestens einmal pro Woche), lädt er sie und löscht sie auf dem Server. Vieles sortiert er durch geeignet gewählte Filter von selbst in seine Verzeichnisstruktur ein, den Rest verschiebe ich von Hand passend (meistens am Wochenende), und die noch nicht vom Smartphone oder von Roundcube aus beantwortete Mail beantworte ich dann von dort aus. Manchmal lasse ich unbeantwortete E-Mails absichtlich in einem der synchronisierten Postfächer liegen, da sie dort von überall her zugänglich sind.
Ausgehende Mails schicken alle Clients an einen Exim auf dem Homeserver, der einen meiner Server als Smarthost nutzt. (Ich glaube, K-9 auf dem Smartphone versendet direkt über den Smarthost, bin aber nicht sicher.) Sowohl Roundcube als auch K-9 auf dem Smartphone sind im Übrigen so konfiguriert, dass sie alle ausgehenden Mails automatisch per BCC an mich selbst schicken. Jede ausgehende Mail geht also bei mir auch wieder ein; das führt dazu, dass ich sie ebenfalls wegsortieren muss, erlaubt aber die vollständige Archivierung auch der ausgehenden Mails.
Diese Archivierung der Mails erfolgt im Agent; faktisch bleiben sie dort seit einigen Jahren dauerhaft gespeichert, aber es gibt auch jedes Jahr eine Kopie im Archiv. Ich packe dabei in der Regel ausgehende Mails nicht in einen “Gesendet”-Ordner, sondern in das Verzeichnis, wo sie thematisch hingehören, habe also ein- und ausgehende Mails thematisch geordnet beieinander.
Mit diesem Zustand bin ich aber seit Jahren massiv unzufrieden.
Agent ist jedenfalls als Mailclient keine optimale Lösung mehr. Die Entwicklung des Programms stagniert bzw. dürfte geendet haben; das letzte Release war 2014, und schon seit 2008 hat man eigentlich nur noch an Features für das “Binary Usenet” (also Usenet als Filesharing-Medium) gearbeitet. Er kann im Prinzip mit HTML-Mails nicht umgehen; im Grundsatz hat er auch Zeichensatzprobleme (die in der Praxis allerdings meistens nicht auftreten). Er kann kein IMAP; das schließt also grundsätzlich einen Zugriff mehrerer Clients auf denselben Datenbestand aus. Er hat auch keine Unterstützung für GPG (das allerdings zunehmend keine Rolle mehr spielt). Schmerzen bereitet primär die fehlende Unterstützung für HTML und IMAP; ansonsten ist das Programm sehr vielseitig, mächtig und standardkonform. Es wird daher vermutlich nicht einfach sein, eine mindestens gleichwertige Alternative zu finden, die diese beiden Probleme nicht hat.
Primär wegen der Nutzung von Agent als Client ist kein (unproblematischer) Zugriff von verschiedenen Clients auf den Mailbestand möglich. Es wäre aber schon schön, wenn ich nicht darauf zurückgeworfen wäre, Mails in andere Ordner zu verschieben oder sie mit dem eigentlichen Mailclient erst einmal nicht abzurufen, nur um auch mobil auf den laufenden Mailbestand und die Mails der letzten Tage/Wochen zugreifen zu wollen. Ich möchte gerne wenigstens auf die letzten Wochen oder Monate, vielleicht sogar das letzte Jahr von überall her zugreifen können. Das setzt voraus, dass ich die Mails zumindest grundsätzlich auf einem (lokalen) Server speichere. Im Hinblick auf die Sicherheit (gegen externen Zugriff) ist das nicht optimal, mich treibt aber vor allem um, wie es mit dem Zugriff und der zügigen Durchsuchbarkeit aussieht.
Auch die Archivierung ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Meine E-Mails verteilen sich auf viele (vielleicht sogar zu viele) Folder, und diese sind im Grundsatz pro Jahr in einer getrennten Agent-Instanz. Ich muss also ggf. mehrere verschiedene Agent-Instanzen starten und in diesen Volltextsuchen über eine Vielzahl von Foldern durchführen, wenn ich eine bestimmte Mail suche. Entweder hätte ich gerne alles beisammen (d.h. keine strikte Trennung mehr zwischen “laufendem” Mailbestand und Archiv), oder zumindest alle Mails, die älter als 12 Monate oder so sind, in einem speziellen Archiv. Dazu möchte ich aber bitte nicht regelmäßig Mailbestände exportieren und importieren müssen; ich habe zwischen 90 und 100 Verzeichnissen. Wenn ich jedes Jahr aus jedem Ordner einzeln Mails exportieren und dann wieder importieren muss, sind das rund 200 Bedienschritte, jedes Mal mit Wartezeit. Das geht nicht.
E-Mail morgen
Ich brauche also Lösungen für drei miteinander verbundene Problemfelder:
- einen zeitgemäßen, mächtigen Mailclient;
- Zugriff auf den laufendem Mailbestand durch verschiedene Clients; und
- eine Archivierungslösung.
Mailclient
Bisher verwende ich den Forté Agent 8.00/32.1272 als Mailclient. Das Programm ist standardkonform und recht mächtig, hat aber zwei Mankos: es kann praktisch nicht mit HTML-Mail umgehen, und es kann kein IMAP, was im Ergebnis den zweiten Wunsch (Zugriff mehrerer Clients auf denselben Datenbestand) ausschließt.
Ich suche also einen neuen Mailclient. (News muss er nicht können.) Die heute wohl generische Antwort Thunderbird schmeckt mir bislang nicht recht; ich habe dabei kein gutes Gefühl, weil ich einerseits den Eindruck habe, nicht sicher genug zu wissen, wie die ausgehenden Mails wirklich aussehen, und anderseits viele Konfigurationsmöglichkeiten irgendwo “versteckt” zu sein scheinen. Agent glänzt durch eine Doku, die u.a. die komplette Konfigurationsdatei erläutert.
Meine Anforderungen, grob in absteigender Wichtigkeit:
Gesetzt ist als OS Windows - damit arbeite ich, und das wird auch so bleiben - und ein GUI-Programm. Daran bin ich gewöhnt, und ich möchte in verschiedenen Fenstern gleichzeitig arbeiten können. IMAP und SSL/TLS setze ich voraus.
Wichtig sind mir auch Standardkonformität und Stabilität. Ich nutze Mail als primäres Kommunikationsmedium, und mir ist mein Mailbestand wichtig. “Am besten mal neu installieren” oder “setze mal das Profil neu auf” sollte jenseits katastrophaler Ausfälle ein No-Go sein.
Das Programm sollte so weitgehend wie nur möglich über die Tastatur zu bedienen sein. Dazu gehören ausreichende Shortcuts für Standardoperationen. Der Weg über das Menü oder gar ausschließlich über mausgesteuerte Kontextmenüs ist ein No-Go.
Großen Wert lege ich darauf, dass ich die volle Kontrolle über Inhalt und Gestaltung der ausgehenden Mails habe; dazu gehört auch, dass ich steuern kann, wie mir Mails angezeigt werden. Die Mail soll so versandt werden, wie sie im Editor aussieht, der mir insbesondere den Zeilenumbruch so zeigen soll, wie er auch tatsächlich erfolgt; die Zeilenlänge muss zudem leicht konfigurierbar sein. Ich würde mir auch wünschen,
Content-Type:
undContent-Transfer-Encoding:
steuern zu können. Ich muss mir ohne große Verrenkungen alle Header anzeigen lassen, die die ausgehende Mail enthalten wird; diese sollte ich ändern und auch durch eigene Header ergänzen können. Der Editor sollte mindestens das Einfügen gequoteten Textes aus der Zwischenablage ermöglichen (d.h. vor jede Zeile ein “>” setzen); optimalerweise unterstützt er dafür zwei verschiedene Quotestile (bspw. “>” und “|”). Genauso gut ist es natürlich, wenn man Absätze im Editor auf Knopfdruck (auch mehrfach) mit Zitatzeichen versehen oder diese entfernen kann. Sowohl der Viewer als auch der Editor sollten die Umschaltung von einer Proportional- auf eine Festbreitenschrift erlauben; der Viewer muss es zudem ermöglichen, sowohl den Body als auch die Header “raw”, also unter Abschaltung jeder Interpretation, anzuzeigen; eine gesonderte “Quelltextansicht” wäre notfalls eine Krücke, lieber wäre mir das Umschalten. Auch sollte der Viewer es ermöglichen, auf Knopfdruck zwischen der Anzeige überlanger Zeilen und einem Umbruch derselben (“word wrap”) umzuschalten. Das alles ist m.E. mehr oder weniger Basisfunktionalität.Der Client sollte verschiedene Identitäten unterstützen, für die sich jeweils Absender, vorgegebene (zusätzliche) Headerzeilen, Signatur usw. individuell steuern lassen. Es würde sehr helfen, wenn man für jeden Folder eine Identität angeben kann, die für Antworten an Mails aus diesem Folder (oder für Mails, die man schreibt, während dieser Folder den Fokus hat) verwendet werden. Hilfreich wäre es auch, wenn bei einer Antwort auf eine an die Mailadresse
xyz@example.com
direkt die mit dieser Mailadresse verknüpfte Identität ausgewählt würde. Unterschiedliche Accounts müssen nicht unbedingt unterstützt werden.Ich brauche eine schnelle und mächtige Suchfunktion. Am besten wäre eine Suche, die Verknüpfungen von Suchbegriffen (and/or), die Beschränkung auf bestimmte Header und den Body sowie regular expressions unterstützt. Superbequem macht Agent das, der es erlaubt, komplexe Suchausdrücke zu definieren (
from:{gmx\.(de|net)} and subject:{spam-report}
). Jedenfalls aber müssen verschiedene Suchbegriffe kombiniert werden können, die sich jeweils auf bestimmte Felder einschränken lassen, und regular expressions wären wünschenswert. Die Suche sollte man nur auf bestimmte Folder beschränken können, und sie sollte auch Folder auf dem IMAP-Server durchsuchen können. (Bzw. es wäre schon unter diesem Gesichtspunkt sicher hilfreich, wenn der Client eine lokale Kopie der Mails vorhalten würde.) Es wäre sehr hilfreich, wenn man eine erneute Suche auf die Treffer der bisherigen Suche einschränken könnte, um sich so in mehreren Iterationen dem Ergebnis zu nähern. Eine ergänzende einfache Suche, die bspw. nur im aktuellen Folder und nur in Betreff/Absender o.ä. sucht, wäre hilfreich.Eingehende Mail sollte direkt beim Abruf in verschiedene Folder gefiltert werden können, und zwar nicht nur in lokale Folder, sondern auch in Folder auf dem IMAP-Server. Die Filter sollten mächtig sein. (Notfalls könnte man das sicherlich durch Filterung auf dem Server ersetzen, aber das wäre mir nicht so recht.) Ausgehende Mails sollte nicht nur gesammelt in einem Sent-Ordner landen können, sondern optional auch in dem Ordner, in dem die beantwortete Mail liegt (oder der den Fokus hat, wenn man eine neue Mail verfasst); notfalls würde es auch genügen, das pro Identität konfigurierbar zu machen.
Der Import und Export von Mails muss möglich sein; als Format muss mindestens MBOX unterstützt werden.
Damit das ganze Sinn hat, sollten HTML-Mails angezeigt werden, denn das ist ja einer der beiden Punkte, die mich überhaupt erst zu einem Wechsel bewegen.
Bis hierhin waren das mehr oder weniger unverzichtbare Anforderungen. Selbstverständlichkeiten (Unterstützung von UTF-8, korrekte Kodierung von 8bit-Zeichen in Headern, konfigurierbare Einleitungszeilen und Signaturen, farbige Markierung von Zitaten, Umgang mit Anhängen und bestimmt noch allerlei sonst so) setze ich dabei voraus.
Nett wäre ggf. noch folgendes:
Einfügen des Inhaltes von Headern aus der zu beantwortenden Mail in Header oder Body. So kann man bspw. für den
To:
- oderCC:
-Header aussuchen, welche der Adressen man übernehmen will, ohne sie hin- und her kopieren zu müssen.Ein Adressbuch, in das ich leicht weitere Einträge aufnehmen kann, und das mir beim Eintippen im Adressfeld Vorschläge macht. Alternativ: Anbindung externer Adressbücher, wie bspw. der Google-Kontakte.
Native Unterstützung für GPG.
Unterschiedliche Farben für unterschiedliche Zitatebenen.
Unterstützung von Funktionen wie “Group-Reply” für Antworten an eine Mailingliste oder die Auswertung von Headern wie “Mail-Followup-To”.
Neuumbruch von Absätzen, mit Unterstützung der Quote-Ebenen.
Eine Möglichkeit, angehängte E-Mails (Attachments mit einem
Content-Type: message/rfc822
) “abzuhängen” und als eigene E-Mail zu behandeln.Umgang mit Digests, bspw. automatisches Aufsplitten.
Eine Rechtschreibkontrolle mit Wörterbuch.
Zugriff auf den Mailbestand durch verschiedene Clients
Soweit ich sehe bedeutet das, dass ich die Mails nicht in einem Client herunterlade, sondern dauerhaft (oder zumindest langfristig) auf dem IMAP-Server speichere.
Gibt es dabei generell etwas zu beachten, bspw. im Hinblick auf Backups?
IMAP-Server sollten ja durchaus eine differenzierte Verzeichnisstruktur ermöglichen, mit (ggf. mehrfach) verschachtelten Foldern? Wie sieht es mit dem automatischen Sortieren eingegangener Mails aus - macht man das lieber auf dem Server oder über (dann einen) Client? Wie vielseitig und flott sind die Suchmöglichkeiten über IMAP, oder unterstützen alle/die meisten Mailclients eine lokale Kopie der Mails auf dem IMAP-Server?
Gibt es weitere Tipps, Stolperfallen und potentielle Probleme oder Empfehlungen?
Archivierung
Ich möchte ein- und ausgehende Mails dauerhaft aufbewahren.
Macht es Sinn, das einfach mit dem laufenden Mailbestand zusammen zu tun, d.h. gar kein gesondertes Archiv zu führen, sondern einfach Mail dauerhaft in Foldern zu belassen? Oder gibt es dann mit der Zeit Schwierigkeiten (Anzahl der inodes auf dem Server, Performance)?
Archiviert man besser auf dem IMAP-Server, bspw. in speziellen Archiv-Foldern? Kann man Mail nach Ablauf einer bestimmten Zeit (bspw. 12 Monate) automatisch in einen Archiv-Folder verschieben lassen? Gibt es Server-Software, die solche Archivfolder transparente komprimieren (und dekomprimieren) kann? Was macht da Sinn?
Oder ist es sinnvoller, das Archiv getrennt zu halten? Dann einfach in Foldern im Client? Oder gibt es spezielle Software für (durchsuchbare) Mailarchive? Wenn ja: wie bekommt man die Mail sinnvoll und ohne großen Aufwand vom “laufenden Bestand” ins Archiv?
Wie macht ihr das?
Ich würde mich über viele Tipps und möglichst konkrete Empfehlungen freuen - gerne als Kommentare hier, gerne als (dann bitte konkrete) Links oder Linksammlung, gerne als Verweis auf Beiträge, gerne auch per Mail oder in einer passenden Newsgroup / einem passenden Forum.
Danke!
Titelbild © GP - stock.adobe.com (bearbeitet)
Kommentare
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Dirk Deimeke am :
Ich habe das Gefühl, dass eine Diskussion eventuell den Rahmen von Blogkommentaren sprengen könnte.
Weil er Windows-only ist, habe ich ihn nie selber genutzt, aber die Nutzer, die ich kenne, halten "The Bat" für den besten Windows-Mailcient:
https://www.ritlabs.com/en/products/thebat/
Die aktuellen Versionen von Thunderbird kann ich aus eigener Erfahrung empfehlen, ich stelle mich gerade von "Evolution" (Linux-only) darauf um.
https://www.thunderbird.net/
Bezüglich Deine Anforderungen an die Durchsuchbarkeit käme es auf einen Test an.
In dem Zusammenhang: Ich synchronisiere auf dem Desktop und dem Notebook alle Mails lokal, damit habe ich dann auch gleich ein zusätzliches Backup.
Die Filterung machst Du bei IMAP auf dem Server mit Sieve (Dovecot kann das), damit siehst Du die Mails bei allen Clients, Windows, Android oder Web auch gleich dort, wo Du sie haben möchtest.
Das einzige, was ich lokal mache, ist die Archivierung und die Bereinigung des Mülls. Ich verschiebe alle E-Mails, die älter sind als x Tage (das "x" ändert sich bei verschiedenen Ordnern) in einen anderen Mailaccount und Lösche aus dem Müll alle Nachrichten, die älter sind als 180 Tage.
Thomas Hochstein am :
Gut denkbar. Ich bin für andere Alternativen (Newsgroup, Forum, …) offen - aber bitte nicht Facebook o.ä.!
Danke auf jeden Fall schonmal für Deine Tipps.
Dirk Deimeke am :
Wie sieht es mit Matrix aus? Ich habe da auch Kontakt zu einem Windows-Admin, der vielleicht etwas beisteuern könnte.