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Black screen of death und die Haltbarkeit heutiger Technik

Erst im Oktober freute ich mich darüber, dass mein rund drei Jahre altes Pixel 3 noch ein Update auf Android 12 bekommen hat und dachte so bei mir, dass ich immer noch sehr zufrieden mit dem Gerät bin und damit gut noch ein paar Jahre auskomme. Immerhin hatte sich das Pixel 4 durch den fehlenden Fingerabdruckscanner disqualifiziert, das Pixel 5 bekommt man nicht mehr, und über das Pixel 6 las man bei Scalzi (der mir damals in seinem Blog Whatever das Pixel 3 schmackhaft gemacht hatte) eher zurückhaltende Kommentare und anderswo Horrornachrichten; da bleibt man doch besser bei dem, was man hat und kennt. Speicher ausreichend, Leistung gut, Akkulebensdauer noch in Ordnung - passt.

Und dann wurde es 2022. Am Nachmittag des 1. Januars ging ich zufällig an meinem abgelegten Handy vorbei und wunderte mich bei einem Seitenblick, dass der Bildschirm komplett ausgeschaltet war. Normalerweise sollte er aber Datum, Uhrzeit und Icons für die Benachrichtigungen anzeigen. Vielleicht einfach der Akku leer, obwohl ich glaubte, ihn über Nacht geladen zu haben? Also ans Ladekabel - aber es erscheint nicht wie sonst nach kurzer Zeit eine Ladeanzeige. Einschalten? Geht nicht. Einschalter lange drücken für einen Reboot? Geht nicht. Ganz lange drücken? Geht auch nicht. Auch nicht nach einer Stunde Wartezeit.

Das Telefon ist tot und bleibt tot, was immer es auch hat.

Und das ist schlecht. Es ist immer schlecht, wenn ein technisches Gerät, namentlich ein Computer, ausfällt; das belastet mich oft überproportional. Es ist aber beim Smartphone ganz schlecht - nicht nur, weil ich (gerade über das verlängerte Wochenende) erreichbar sein muss, sondern weil sich das Smartphone graduell zur Schaltzentrale entwickelt hat. Es stellt (wie jedes Mobiltelefon) die mobile Erreichbarkeit sicher, aber nicht mehr nur über Telefonie (und SMS), sondern auch über den Zugriff auf Messenger und E-Mails, auf Kalender und Todolisten, auf Karten und Fahrpläne. Ich neige nicht dazu, alles auf dem Smartphone zu konzentrieren; bislang zahle ich mit Karte (nicht mit dem Telefon) und habe daher auch die PINs der wichtigsten Karten im Kopf, und auch der zweite Faktor fürs Onlinebanking ist bei mir schon aus Sicherheitsgründen keine App, sondern ein TAN-Generator mit QR-Code. Dennoch ist das Smartphone auch zuhause ein wichtiges Utensil geworden: ich greife primär zum Telefon (nicht zum Tablet), wenn ich auf dem Sofa oder im Bett mal schnell durch Twitter oder Facebook blättern oder meine RSS-Feeds durchgehen oder nach neuen Mails schauen will. Es ist die bequeme Fernbedienung für die Sonos-Lautsprecher, es ist ein E-Book-Reader.

Und es ist vor allem auch der zweite Faktor für viele Accounts, willentlich oder gezwungenermaßen. Ich zögere sehr, die Zwei-Faktor-Authentisierung für Accounts zu aktivieren, weil das umständlich ist und weil es einen weiteren Single Point of Failure einführt, aber der Google-Account (zentral für vielerlei) und aus Rücksicht auf meine Mitentwickler auch Github haben 2FA aktiv. Dieser Handy-Ausfall war damit der richtige Zeitpunkt, um die Backup-OTPs (Einmalpassworte) beider Dienste in den Passwortmanager zu werfen; glücklicherweise war ich in beiden Accounts noch eingeloggt, und glücklicherweise bietet Google primär eine Loginbestätigung auf allen mit dem Account verbundenen Android-Geräten an, und mein Tablet war betriebsbereit. Viele Anbieter verlangen aber manchmal oder immer ungefragt als zweiten Faktor eine SMS; nur manche akzeptieren stattdessen einen Anruf (und dann ist meist doch die Handynummer hinterlegt) oder eine E-Mail. Man entsperrt mit dem Smartphone Autos von Carsharing-Anbietern, man öffnet damit Packstationen. Und erst als ich gestern aufbrechen wollte, um mein neues Telefon abzuholen, dachte ich gerade noch rechtzeitig an eine neue wichtige Aufgabe, die das Smartphone im letzten Jahr erhalten hat: es speichert das Impfzertifikat. Glücklicherweise hatte ich gerade vor einigen Wochen, nach meiner Booster-Impfung, alle Zertifikate wiedergefunden, an einem definierten Ort verstaut (ohne dass ich mich erinnern würde, wo genau) und gescannt. Also ließ sich das letzte Zertifikat schnell ausdrucken.

Insgesamt fühlte ich mich also zu Beginn des neuen Jahres sehr unschön, und eine schnelle Lösung war auch nicht in Sicht; das letzte Telefon, irgendwo im Keller, war ein altes Nexus 5x, auf das ich einfach keine Lust hatte, auch wenn es sich wahrscheinlich hätte aufladen lassen - immerhin ist die Einrichtung eines Telefons ja oft mehrstündige Arbeit, und das will ich nicht zweimal machen. Also habe ich darauf gesetzt, dass überall dort, wo ich wirklich erreichbar sein muss, auch meine Festnetznummer hinterlegt ist (das hat dann auch funktioniert), und dass ich schnell etwas neues finde.

Die Suche danach war auch recht kurz: ich war mehr oder weniger von Anfang an entschlossen, dass das neue Gerät ein Pixel 6 werden sollte; etwas anderes bietet Google ja derzeit nicht wirklich an, und ich hatte nicht den Nerv, nach anderen Smartphones im Android-One-Programm zu suchen. Außerdem haben mir die Smartphones von Google bisher immer gefallen; von meinem Tablet kann ich das nicht in gleicher Weise sagen. Es funktioniert gut, es erfüllt seinen Zweck, aber es hat komische Samsung-Apps in komischen Bonbonfarben, und es ist einfach nicht so, wie die Google-Tablets davor waren. Auch da muss ich allerdings festhalten, dass mich das Nexus 10 vier Jahre lang begleitet hat, bis ich etwas neues, schnelleres wollte, die beiden Pixel C aber nach knapp zwei Jahren und dann nach einem Jahr auch verreckt sind. Entweder habe ich einfach Pech, oder das ist ein echtes Thema bei derzeitiger Technik: mein Laptop entwickelte drei Jahre nach dem Kauf ein Akkuproblem. Nur kann man mit dem Akkuproblem leben (man sucht sich eben immer Strom, und ich bin kaum mehr lange mit Laptop unterwegs), und Tablets sind nur “nice to have”, nicht zentral wie das Smartphone.

Anyway, ich war beim Pixel 6. Groß soll es sein; das muss ja nicht unbedingt ein Fehler sein, so lange es noch in die Tasche passt. Einen Fingerabdruckleser hat es, allerdings vorne ins Display integriert. Das finde ich nicht so schön; mir ist der Handgriff mit Aktivierung des Telefons durch Fingerabdruck auf der Rückseite in Fleisch und Blut übergegangen, und das geht auch recht unauffällig, ohne dass man auf den Bildschirm drücken muss. Außerdem fürchte ich, dass ein ins Display integrierter Scanner im Zweifel sehr viel anfälliger ist als ein separater Scanner auf der Rückseite; aber nun gut, es ist so, wie es ist. Die Kamera … wirkt auf den Bildern sehr klotzig, aber ich freute mich zwar an dem schlanken Design des Pixel 3, habe es aber an 364 von 365 Tagen in einer sehr stabilen Schutzhülle, die von seiner Eleganz überhaupt nichts übrig lässt und es klobig-klotzig wirken lässt, so dass mir das nichts ausmachen dürfte.

Das Pixel 6 (© russell102 - stock.adobe.com)

Nachdem die Entscheidung gefallen war, ging die Suche nach Bezugsquellen los. Normalerweise bestelle ich die Google-Smartphones ja direkt bei Google oder sonst online, aber ein paar Tage Lieferzeit will ich nicht abwarten; das spricht für die Abholung vor Ort, im Mediamarkt. Das präferierte Pixel 6 Pro ist dort aber derzeit nicht verfügbar, und Amazon hat es zwar im Angebot, aber mit einer Lieferung erst Ende der Woche (und für ein paar hundert Euro mehr). Nach einigem hin und her habe ich mich daher zu einem “normalen” Pixel 6 entschlossen und es zur Abholung im Markt vorbestellt.

Das ging dann auch recht reibungslos; nach der Bestellbestätigung am Samstag kam am Sonntagabend die Nachricht, dass die Bestellung vorbereitet werde, und am Montag um neun die Abholbenachrichtigung. Mit einem Ausdruck dieser (samt QR-Code), der Rechnung und einem Ausdruck des Impfzertifikats (an den ich gerade noch gedacht hatte) ging es dann zum Mediamarkt in einem Nachbarort (wo ich bisher noch nie war, der aber gut erreichbar ist und ausreichend Parkraum bietet). Dort war alles gut organisiert: nach einer 2G-Kontrolle mit Scan des Impfzertifikats und Kontrolle des Personalausweises (!) konnte ich meine Bestellung an der Kasse abholen und gleich bezahlen. Offenbar wird das “Click-and-Collect”-Angebot gerne angenommen, denn da lag doch einiges an Vorbestellungen herum, und es dauerte auch etwas, bis mein neues Handy gefunden wurde.

Auf dem Hin- und Rückweg - und bei einigen weiteren Erledigungen im Nachgang - wurde mir dann richtig bewusst, wie gewöhnt ich an die ständig verfügbare Technik bin: meine weitgehend unbewusste interne Checkliste, ob ich alles dabei habe (Geldbörse? Schlüssel? Handy?) alarmierte mich regelmäßig, dass da etwas fehlt; beim Aussteigen aus dem Auto hatte ich jedes Mal das Gefühl, etwas vergessen zu haben; man kann einen Notizzettel nicht einfach durch ein schnelles Foto ersetzen; und man kann weder die geplanten Erledigungen in Todoist nachsehen noch sie dort abhaken. Ein ganz ungewohntes Gefühl, und kein schönes.

Die Einrichtung des neuen Geräts lief dann reibungslos, wenn sie auch - wegen der Nichtverfügbarkeit des vorherigen Smartphones - aufwendiger war, als sie sein müsste. Immerhin können aber zumindest die Apps selbst und deren Anordnung aus dem Backup rekonstruiert werden, und auch etliche Einstellungen kamen richtig rüber. Während ich mich also mit dem Gerät vertraut machte, installierte es Zeugs; und während es Updates für alle vorinstallierten Apps lud, bin ich stur App für App, Bildschirm für Bildschirm systematisch durchgegangen, habe lange Passworte aus dem Passwortmanager abgetippt, haufenweise Mails erhalten (“Wir haben eine neue Anmeldung registriert. Wenn Sie das selbst waren, dann müssen Sie nichts tun.”), Konfigurationen angepasst oder wieder neu erstellt, und nach fünf Stunden war wieder alles so wie vorher. Das alte Gerät ist jetzt aus den wichtigsten Accounts entfernt, das neue ist eingebucht und installiert. In den Messengern (mit Ausnahme ausgerechnet von WhatsApp) ist die gesamte Historie weg, aber nun gut; schade ist das primär für die Corona-Statusmeldungen des Landes, in denen man sonst schön die Inzidenzen der letzten anderthalb Jahre nachlesen konnte. Der Fingerabdruckleser am neuen Gerät tut (nicht mehr mit Zeige- und Ringfinger, sondern mit dem Daumen, denn der ist am ehesten im Bereich, wenn man das Telefon in der Hand hat), und meine Frau hat mir dann noch gezeigt, wie man diese unsägliche Gestensteuerung abdrehen und stattdessen wieder die alten drei Softbuttons erhalten kann. Das Gerät ist sehr schön, und die klotzige Kamera wird vermutlich nicht mehr auffallen, wenn in den nächsten Tagen die stabile Schutzhülle kommt (wieder eine Spigen Tough Armor).

Eigentlich alles paletti, aber die Freude ist nicht so groß, wie sie an meinem Geburtstag vor drei Jahren war, als ich das Pixel 3 ausgepackt und installiert habe - denn das Telefon damals wollte ich haben, das jetzige musste schnell-schnell beschafft werden. Das ist schon ein deutlicher Unterschied bei der Vorfreude. Aber so lange das Pixel 6 ejtzt seinen Dienst tut, will ich ja zufrieden sein, und ich bin nun vor allem wieder “digital handlungsfähig”.

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Netz - Rettung - Recht am : Wie ich arbeite - 2022

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Wie letztes Jahr hat Dirk mich daran erinnert, ein Update über meinen Arbeitsplatz, die Hardware und Software, die Apps und Webdienste, die ich benutze, zu geben. Viel hat sich da - im Gegensatz zum vergangenen Jahr - nicht getan. Hardware Rechner und P

Kommentare

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onli am :

onli

Das hatte mich jetzt interessiert, was da kaputtgegangen sein könnte. Dabei fand ich diesen Redditthread, aber der ist ja grausam. Die Pixel scheinen reihenweise kaputtzugehen und eine Lösung gibt es nicht.

Mainboardwechseln erschien mir von den Vorschlägen noch als am vielversprechendsten, aber natürlich verkauft Google keine Ersatzteile und was man trotzdem findet ist weder vertrauenserweckend noch günstig. Schrott.

Ich hoffe, du hast mit dem Pixel 6 mehr Glück.

Thomas Hochstein am :

Thomas Hochstein

Die Pixel scheinen reihenweise kaputtzugehen und eine Lösung gibt es nicht.

Ja, darüber und über einen Reboot-Loop mit Fehlermeldung liest man viel. Die naheliegendste Vermutung war, dass es da ein Bauteil (oder mehrere verschiedene solche) gibt, das/die ihr end of life erreichen, und dann ist das Gerät halt tot.

Mainboardwechseln erschien mir von den Vorschlägen noch als am vielversprechendsten

Selbst kann und will ich das nicht. Handy-Reparaturdienste wirken oft wenig vertrauenerweckend, und man las ja verschiedentlich auch, dass Pixel-Geräte während des RMA wohl bei Google oder beauftragten Werkstätten verschwunden sind, mit nachfolgenden unbefugten Zugriffen über die aktiven Accounts. Das ist beides ungut, weil sich viele private und auch vertrauliche Daten auf dem Gerät finden.

Davon abgesehen: mich nervt vor allem, dass ich kein Smartphone habe (und alles neu installieren muss). Ich will möglichst bald wieder ein Gerät haben; das verbietet "einschicken" oder "zur Reparatur" geben. Wenn es nicht lange hält, dann muss es halt so schnell wie möglich ersetzt werden.

Ich hoffe, du hast mit dem Pixel 6 mehr Glück.

Das hoffe ich auch. Die oft zu lesenden Erfahrungen mit Pixel-Smartphones verschiedener Baureihen, meine eigenen Erfahrungen mit den Pixel-C-Tablets (und die Komplexität des Pixel 6, mit dem Fingerabdruckscanner im Bildschirm) lassen mich allerdings nur gedämpft hoffen.

Wir werden sehen.

Benjamin Egenlauf am :

Benjamin Egenlauf

Autsch! Handy kaputt wäre für mich der Super-GAU. Ich nutze es als Terminplaner und habe alle Kontaktdaten darauf gespeichert. Erreichbarkeit ist natürlich auch ein Punkt, ebenso wie Online-Banking. Wenn mein Telefon plötzlich den Geist augeben würde, wäre ich extrem unruhig - mit "überproportional belastet" hast Du das ja noch recht mild ausgedrückt. ;-) Gut dass Du so schnell Ersatz bzw. ein neues Gerät bekommen hast. Hoffentlich verrichtet das neue Gerät jetzt viele Monate seinen Job.

Thomas Hochstein am :

Thomas Hochstein

Handy kaputt wäre für mich der Super-GAU.

Ja, so ähnlich. :-)

Termine, Todos und Kontakte speichern für mich Google und Todoist (sonst täte es Nextcloud oder so), das Telefon ist da nur ein Zugangsweg; aber es hängt genug dran, dass das keinen Spaß macht.

Ich hoffe auch, dass das neue Gerät mindestens die drei Jahre des alten schafft. Immerhin: nachdem es inzwischen in der Schutzhülle steckt (die das Niveau des Telefons insgesamt auf die Ebene des Kamerabalkens hebt und dafür innendrin extra ausgepolstert wurde), kann man von Umfang und Gewicht her damit gefühlt notfalls jemanden erschlagen; also ein echtes Dual-Use-Gerät, fast wie manche … äh … Taschenlampen.

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