Ich hatte in letzter Zeit - zwangsweise - Gelegenheit, mich mehrfach mit der rechtlichen Beurteilung der Beschneidung (Zirkumzision) bei Männern bzw. richtiger Knaben, nämlich männlichen Kindern, insbesondere aus rituellen / religiösen Gründen, also ohne medizinische Indikation, zu beschäftigen. In dem Zusammenhang habe ich dann auch mit Interesse den - m.E. aber zu weit gehenden - Beitrag von Dr. Putzke in Medizinrecht (MedR) 2008, 268 ff. gelesen.
Mit noch größerem Interesse habe ich dann heute die Rezension des vorgenannten zu einer Promotion über dieses Thema in der Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (ZIS 2009, 177 ff.) gelesen. Meistens sind Rezensionen ja kurz, knapp, wenig aussagekräftig und … lobend. Diese hier ist nichts davon: nicht kurz, nicht knapp (ganz im Gegenteil: selbst Formalia sind ausführlich be- und ausgewertet!), durchaus aussagekräftig - und vernichtend. Wenn man davon ausgeht, daß das, was dort steht, zutrifft - und zu Zweifeln daran gibt es wenig Grund -, dann ähnelt diese Promotion eher einer (durchschnittlichen) Seminararbeit. Lesenswert.
(via Obiter Dictum)
Wenn man zu einer Rechtsfrage in der gebräuchlichen Kommentarliteratur nichts findet, dann ist man entweder der erste, der auf sie gestoßen ist - unwahrscheinlich -, oder sie ist so trivial, daß es bisher niemand für erforderlich hielt, etwas dazu zu schreiben - beim Umfang mancher Kommentierungen gleichfalls nicht sehr wahrscheinlich -. Nachdem aber mein erster Versuch im Usenet ergebnislos blieb, stelle ich die Frage rund um das Verhältnis der §§ 205 Abs. 2 S. 3, 77b Abs. 4 StGB auch hier noch einmal zur Diskussion.
Der Fall: V vertraut seinem Anwalt A am 01.02.2008 ein privates Geheimnis an; einige Zeit danach, am 01.04.2008, verstirbt V. Der A erzählt dieses Geheimnis nach dem Tode des V - sagen wir am 02.04.2008 - an Dritte weiter. Der Sohn S des V erfährt über Umwege und daher erst deutlich später - am 01.12.2008 - von der Geschwätzigkeit des A und erstattet empört Strafanzeige und stellt zugleich Strafantrag.
Die Variante: A erzählt vor dem Tod des V - sagen wir am 31.03.2008 - von dem Geheimnis.
Die Frage: Kann die Straftat verfolgt werden?
"Strafantragsfrist bei postmortalem Bruch der Schweigepflicht" vollständig lesen
"Salus aegroti suprema lex" - das Wohl des Kranken ist das oberste Gesetz, so sagte man früher. Heute gilt allerdings der Satz "voluntas aegroti suprema lex" - der Wille des Kranken ist das oberste Gesetz: nicht das medizinisch Vernünftige ist maßgebend, sondern das, was der aufgeklärte, entscheidungsfähige Patient für sich wünscht, mag es auch objektiv unvernünftig sein.
Dieser Gegensatz - und auch die Änderung des ärztlichen Tuns über die Zeiten - wird schlaglichtartig beleuchtet in der Entscheidung des OLG Koblenz vom 13.07.2006 - 5 U 290/06 -.
Die im Jahre 1953 geborene Klägerin entband 1975, als die Uhren in der Medizin noch anders gingen, als 22jährige ihr zweites Kind per Kaiserschnitt. Der operierende Gynäkologe stellte bei der Operation Verwachsungen am Bauchfell fest, die den Wiederverschluss schwierig gestalteten, so daß zukünftige ähnliche Eingriffe, insbesondere ein weiterer Kaiserschnitt "deshalb nicht zu empfehlen" seien, so wörtlich der Operationsbericht aus dem Jahre 1975. Deshalb nahm der Operateur direkt im Rahmen der Schnittentbindung des Kindes eine Sterilisation der Frau durch Durchtrennung der Eileiter vor. Eine solche Maßnahme war zuvor mit der Schwangeren nicht besprochen worden. Es konnte auch nicht mehr positiv festgestellt werden, ob der Operateur es für nötig befand, sie nach der Operation von seiner Entscheidung in Kenntnis zu setzen. Die Patientin gab jedenfalls an, jahrelang weiter Verhütungsmittel genommen zu haben, bis sie 1994 mit ihrem neuen Ehepartner einen erneuten Kinderwunsch entwickelte. Erst im Jahre 2001 habe sie von der Sterilisation erfahren.
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Nachdem bereits die letzte hier vorgestellte Gerichtsentscheidung sich als eher wenig überraschend darstellte, gilt das auch für die heutige Entscheidung.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 02.10.2008 - 9 S 1782/08 - die Entscheidung der Vorinstanz, des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, bestätigt, das es abgelehnt hatte, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe wiederherzustellen, mit dem unter Anordnung des Sofortvollzugs die Erlaubnis eines Heilpraktikers zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde widerrufen wurde. Das Regierungspräsidium hatte dem Heilpraktiker - untechnisch gesprochen - die Berufserlaubnis entzogen und zugleich angeordnet, daß dessen Widerspruch nicht wie im Verwaltungsrecht üblich aufschiebende Wirkung hat - der Heilpraktiker also bis zur abschließenden gerichtlichen Entscheidung erst einmal weiter praktizieren darf -, sondern die Entscheidung des Regierungspräsidiums sofort zu vollziehen ist - so daß der Heilpraktiker bis zum Abschluß eines eventuellen Gerichtsverfahrens eben nicht praktizieren darf -. Dagegen hatte sich der Heilpraktiker im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gewandt und in beiden Instanzen verloren.
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