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Der Verteidiger und seine Vollmacht

Der Beschuldigte im Strafverfahren kann sich eines Verteidigers bedienen; dazu erteilt er einem Rechtsanwalt eine entsprechende Vollmacht. Dieser Verteidiger hat dann recht umfangreiche Rechte, unter anderem auch das der Akteneinsicht. Andererseits kann er Mitteilungen der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte für seinen Mandanten entgegen nehmen - was durchaus sinnvoll ist, denn die Kommunikation mit dem Beschuldigten soll nach Einschaltung eines Verteidigers ja über diesen laufen und nicht an ihm vorbei, damit der Verteidiger über den Stand des Verfahrens jederzeit informiert ist. Darüber hinaus regelt § 145a StPO, daß nach Einschaltung eines Verteidigers Zustellungen auch an diesen statt an den Beschuldigten (oder Angeklagten) erfolgen können; so soll die ordnungsgemäße Zustellung von Entscheidungen, aber auch Ladungen sichergestellt werden. Da mit dieser Möglichkeit der Zustellung an den Verteidiger Nachteile für den Beschuldigten verbunden sind - nämlich der Beginn von Fristen, ohne daß ihn persönlich das entsprechende Schriftstück erreicht hat -, darf kein Zweifel darüber bestehen, ob der betreffende Rechtsanwalt nun sein Verteidiger ist oder nicht; daher setzt § 145a StPO voraus, daß sich die Verteidigervollmacht bei der Akte befindet, damit im Zweifel kontrolliert werden kann, ob der Verteidiger nun bevollmächtigt war oder nicht. Das Vorhandensein der Vollmach genügt aber; diese muß keine Zustellungsvollmacht enthalten, denn der Verteidiger, dessen Vollmacht bei den Akten ist, gilt nach § 145a StPO gerade auch ohne entsprechende Regelung in der Vollmacht als zur Entgegennahme von Zustellungen ermächtigt. Sonst könnte der Beschuldigte ja in Versuchung kommen, eine Vollmacht ohne Zustellvollmacht zu erteilen und sich dann, wenn Not besteht, strategisch "unerreichbar" machen und damit den Fortgang des Strafverfahrens behindern oder vereiteln ("untertauchen").

Manche Verteidiger versuchen dennoch, im Sinne ihres Mandanten, aber sicherlich nicht im Sinne der Rechtspflege diese Regelung dadurch zu unterlaufen, daß sie zwar erklären, es bestehe ein Mandatsverhältnis, und darauf gestützt alle Verteidigerrechte wahrnehmen wollen, sich andererseits aber standhaft weigern, eine (schriftliche) Vollmacht vorzulegen, um so wirksame Zustellungen an sie zu vereiteln. Best of both worlds, sozusagen.

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Bäcker, Bäcker und kein Ende

Der Fall des "Bäckers von S." hat in den letzten Jahren einiges an öffentlichem Aufsehen gefunden.

Es geht dabei um einen brutalen Banküberfall im Oktober 2004 in einem kleinen Ort in der Nähe von Heilbronn, bei dem der Täter den allein anwesenden Bankangestellten unter Vorhalt einer Waffe in einen Nebenraum führte, ihm dort von hinten mit wuchtigen Schlägen den Schädel zertrümmerte, dann ein hereinkommendes Ehepaar überwältigte, den Mann über einen Stuhl warf und ihm mit aufgesetzter Waffe den Kopf schoß und auf dessen Ehefrau gleichfalls zwei Schüsse abgab. Die Ehefrau verstarb, die beiden anderen Opfer überlebten schwer verletzt. Schnell richtete der Verdacht sich auf den Bäcker des kleinen Ortes; die überlebenden Zeugen identifizierten ihn, teilweise spontan, man fand einen Geldbetrag in ungefährer Höhe der Tatbeute versteckt bei dem hochverschuldeten Verdächtigen bzw. dieser hatte unmittelbar nach der Tat entsprechende Einzahlungen vorgenommen, man fand eine mögliche Blutspur eines Opfers in seinem Fahrzeug, er hatte eine Waffe vom Typ der Tatwaffe früher in Besitz gehabt und dann angeblich verloren, er hatte Gummistiefel eines seltenen Typs, deren Spuren man im Blut der Opfer fand gekauft, und man fand - deutlich später - in seinem Jagdrevier eine Feuerstelle mit verbrannten Papieren, die ihm zuzuordnen waren, sowie Gummiresten genau in der Zusammensetzung der Stiefel. Überdies hatte er sich nach der Tat völlig unvermittelt mitten am Tage umgezogen und seine Kleidung waschen lassen. Trotz alledem sprach ihn das Landgericht Heilbronn am 21.04.2006 vom Vorwurf des Mordes und versuchten Mordes und der übrigen Delikte frei; es stützte sich dabei vor allem auf ein von ihm erstelltes Zeitraster, in dessen Kern eine Zeugenaussage stand, nach der der Angeklagte genau zur Tatzeit den Zeugen grüßte.

Wer die Unzuverlässigkeit von Zeugenaussagen, insbesondere im Hinblick auf minutengenaue (!) zeitliche Abläufe, kennt, wird sich nicht wundern, daß der Bundesgerichtshof das Urteil aufhob und den Fall an das Landgericht Stuttgart zurückverwies. Dieses verurteilte ihn sodann am 10.04.2008 zu lebenslanger Freiheitsstrafe und stellte die besondere Schwere der Schuld fest, was eine Entlassung nach Verbüßung von 15 Jahren Freiheitsstrafe ausschließt. Am 02.12.2008 - 1 StR 541/08 - verwarf der BGH die Revision der Verteidigung.

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Verweisung von allgemeiner Strafkammer ans Schwurgericht

Die sachliche Zuständigkeit in Strafsachen ist für Neueinsteiger ins Strafprozeßrecht nicht ganz leicht zu durchschauen, denn sie ergibt sich zwar aus dem Gesetz (konkret: dem Gerichtsverfassungsgesetz), aber nur durch Verweisungen und das Zusammenwirken verschiedener Normen. So kann man § 74 Abs. 1 GVG entnehmen, daß die Landgerichte erstinstanzlich immer dann zuständig sind, wenn weder Amtsgerichte noch Oberlandesgerichte zuständig sind - was nur begrenzt weiterhilft. Aus § 24 GVG erfährt man dann die Zuständigkeit der Amtsgerichte (und im weiteren noch die dortige Aufteilung zwischen Strafrichter und Schöffengericht, die auch sehr genaues Lesen der Norm erfordert, uns hier aber nicht weiter interessieren soll) und aus § 120 GVG die (sehr seltene) erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte, die insbesondere in gravierenden Staatsschutzsachen, namentlich in Fällen des Terrorismus, Gerichtsbarkeit des Bundes ausüben.

Demnach sind - wenn wir die nicht besonders praxisrelevante Zuständigkeit des Oberlandesgerichts in der ersten Instanz einmal genauso ausklammern wie die Frage des Jugendrechts - bei den Landgerichten in Strafsachen die Großen Strafkammern zur Entscheidung berufen, wenn

  • mit einer Freiheitsstrafe von mehr als vier Jahren oder der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung zu rechnen ist,
  • der Fall besonders umfangreich oder besonders bedeutend ist oder eine besondere Schutzbedürftigkeit von Opferzeugen zu berücksichtigen ist oder
  • die Staatsschutzstrafkammer oder das Schwurgericht zuständig ist.

Die Großen Strafkammern unterteilen sich dann - wiederum unter Außerachtlassung der Jugendkammern - in allgemeine Strafkammern, Staatsschutzstrafkammern (in der Diktion des Gesetzes nicht so benannt, sondern nur als "Strafkammer nach § 74a GVG" referenziert), Wirtschaftsstrafkammern (§ 74c GVG) und Schwurgerichtskammern (§ 74 Abs. 2 GVG), die auch in dieser "Rangfolge" stehen, d.h. die Zuständigkeit des Schwurgerichts geht der der Wirtschaftsstrafkammer vor, diese wiederum der der Staatsschutzstrafkammer, und die allgemeinen Strafkammern sind nur für Fälle zuständig, für die keine dieser besonderen Strafkammern zusätzlich ist.

Die Zuständigkeit des Schwurgerichts - früher einmal tatsächlich eine Art Geschworenengericht, wie wir es aus amerikanischen Fernsehserien kennen, heute nur noch eine Große Strafkammer, die sich nur durch ihre Zuständigkeit und die verpflichtende "große" Fünferbesetzung (drei Berufsrichter, zwei Schöffen) von allgemeinen Strafkammern unterscheidet, die im Regelfall in der "kleinen" Besetzung (§ 76 Abs. 2 GVG) mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen verhandeln - umfaßt versuchte und vollendete Tötungsdelikte und solche mit Todesfolge, allerdings nicht abstrakt definiert, sondern aus einem umfangreichen Katalog (was dazu führt, daß Straftaten mit Todesfolge aus dem Nebenstrafrecht wie zum Beispiel die Abgabe von Betäubungsmitteln mit Todesfolge nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG nicht erfaßt werden).

Nicht immer werden Anklagen an das "richtige" Gericht erhoben; abgesehen von Irrtümern und Versehen ist die Ursache dafür entweder eine abweichende rechtliche Würdigung der Staatsanwaltschaft auf der einen und des Gerichts auf der anderen Seite oder neue Erkenntnisse zum tatsächlichen Tathergang. So kann bspw. das Einstechen auf einen anderen Menschen mit einem großen Messer neben einer gefährlichen Körperverletzung (zuständig Strafrichter oder Schöffengericht, jedenfalls das Amtsgericht) auch einen versuchten Totschlag darstellen (zuständig eine Große Strafkammer des Landgerichts als Schwurgericht); ob ein hinreichender Tatverdacht eines versuchten Tötungsdelikts besteht, hängt zum einen davon ab, was tatsächlich geschehen ist (und was man davon weiß), zum anderen aber auch davon, wie man dieses tatsächliche Geschehen rechtlich bewertet, ob man nämlich einen zumindest bedingten Tötungsvorsatz bejaht. Es kann durchaus sein, daß sich die Einschätzung der Staatsanwaltschaft und des Gerichts insofern unterscheiden. In solchen Fällen kann das Gericht die Sache entweder noch vor Beginn der Hauptverhandlung (bindend) vor einem Gericht niedrigerer Ordnung eröffnen oder einem Gericht höherer Ordnung zur Übernahme vorlegen (§ 209 StPO) oder, wenn die Hauptverhandlung schon begonnen hat, (in jedem Fall bindend) an das zuständige Gericht verweisen (§ 270 StPO).

Jedenfalls bei einer Entscheidung vor Beginn der Hauptverhandlung gilt auch hier die bereits skizzierte Rangfolge vom Strafrichter über das Schöffengericht und über die allgemeine Strafkammer, die Staatsschutzstrafkammer, die Wirtschaftskammer bis hin zum Schwurgericht (§ 209a StPO). Der BGH (Urteil vom 11.12.2008 - 4 StR 376/08 -) hat sich nunmehr mit der Frage beschäftigt, wie dies nach Beginn der Hauptverhandlung aussieht, wenn eine allgemeine Strafkammer die Zuständigkeit des Schwurgerichts für eröffnet hält.

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2. Staatsexamen Herbst 2009

Nachdem mir heute morgen wieder bewußt wurde, daß ab heute bis zum 16.06.2009 in Baden-Württemberg die Klausuren des zweiten Staatsexamens, Termin Herbst 2009, geschrieben werden, wünsche ich allen angehenden Volljurist(inn)en für die Aufsichtsarbeiten viel Glück und Erfolg!

(Umso leichteren Herzens, als ich diesmal nicht Aufsicht führe. Ha. ;-))

Strafbarkeitslücken bei der Domainbestellung?

Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 21.01.2009 - 2 Ss 155/08 -) hatte sich als Revisionsgericht mit der Frage zu befassen, ob die Bestellung von Domains bei einem Provider im Rahmen eines laufenden bzw. bereits gekündigten Vertragsverhältnisses in der Absicht, diese nicht zu bezahlen (und bei völlig fehlender Zahlungsfähigkeit) strafbar ist oder nicht.

Die Vorinstanzen hatten festgestellt, dass der Angeklagte seit 2002 bei einem Provider mehrfach Webhosting-Verträge abgeschlossen hatte, bei denen der Angeklagte auch Domains bestellte, die der Provider dann bei der Registrierungsstelle auf diesen registrieren ließ und dieser - oder seinem Vorleister gegenüber - bezahlte. Er stellte diese Leistungen dann dem Angeklagten in Rechnung. Bei der ersten Anmeldung hatte der Angeklagte seine Bankverbindung anzugeben und eine Einzugsermächtigung zu erteilen. Es wurde für ihn dann ein Account angelegt, über den solche Bestellungen vollautomatisiert veranlasst werden konnten; eine weitere (Bonitäts-)Prüfung erfolgte nicht, wie der Angeklagte wußte. Im weiteren Verlauf der Geschäftsbeziehung kam es zu Unstimmigkeiten; der Angeklagte wiederrief seine Einzugsermächtigungen, der Provider kündigte im Juli/August 2003 alle bestehenden Verträge. Dennoch loggte sich der Angeklagte vom 08.12.2003 bis 21.02.2004 in seinen dortigen Account ein und bestellte in 11 einzelnen Handlungen eine Vielzahl von Domains, für die Kosten in Höhe von 83.374,- € anfielen, die er weder bezahlen konnte noch wollte.

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Promotion, Rezension, Zirkumzision

Ich hatte in letzter Zeit - zwangsweise - Gelegenheit, mich mehrfach mit der rechtlichen Beurteilung der Beschneidung (Zirkumzision) bei Männern bzw. richtiger Knaben, nämlich männlichen Kindern, insbesondere aus rituellen / religiösen Gründen, also ohne medizinische Indikation, zu beschäftigen. In dem Zusammenhang habe ich dann auch mit Interesse den - m.E. aber zu weit gehenden - Beitrag von Dr. Putzke in Medizinrecht (MedR) 2008, 268 ff. gelesen.

Mit noch größerem Interesse habe ich dann heute die Rezension des vorgenannten zu einer Promotion über dieses Thema in der Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik (ZIS 2009, 177 ff.) gelesen. Meistens sind Rezensionen ja kurz, knapp, wenig aussagekräftig und … lobend. Diese hier ist nichts davon: nicht kurz, nicht knapp (ganz im Gegenteil: selbst Formalia sind ausführlich be- und ausgewertet!), durchaus aussagekräftig - und vernichtend. Wenn man davon ausgeht, daß das, was dort steht, zutrifft - und zu Zweifeln daran gibt es wenig Grund -, dann ähnelt diese Promotion eher einer (durchschnittlichen) Seminararbeit. Lesenswert.

(via Obiter Dictum)

Netz, doch kein Netz und landschaftliche Schönheit

Eigentlich hatte ich ja angekündigt, diese Woche keine Gelegenheit zum Bloggen zu finden. Und es ist zwar richtig, daß ich den Großteil der Woche nicht da bin und mich derzeit an einem eher landschaftlich schön gelegenen als zentralen Ort aufhalte, aber nachdem mich meine Novatel Wireless eben mit der Anzeige voller Empfangsstärke erfreute - wenn auch nicht UMTS, sondern nur EDGE, aber die violette LED sieht sogar noch hübscher aus als die blaue ;-) -, kann ich ja die Pause vor dem Abendessen nutzen und berichten, daß meine gestrigen Bemühungen bisher völlig umsonst waren, weil es zwar angenehm kühl ist und auch auf der Fahrt war, aber nicht geregnet hat. (Dafür unwetterte es ja offenbar in der Nacht umso mehr.)

Jedenfalls sitze ich hier jetzt in Oberfranken im schönen Pegnitz, gucke auf bewaldete Hügel und überlege, ob ich wirklich noch über mitgenommener Arbeit brüten oder doch lieber einen Spaziergang machen sollte. Eigentlich lädt das Wetter ja zu letzterem ein.

Und während ich darüber noch grübele, bricht meine Internetverbindung zusammen. Weg. Nada. Tut nicht mehr. Alles Debugging nützt nichts. Auch nicht der Verbindungsab- und -aufbau. Oder das Entfernen und Wiedereinsetzen der Mobilfunk-Karte. Oder der Reboot. Oder sonst irgendwas. Verwirrung. Verzweiflung. - Bis ich einmal darauf komme, mir testhalber eine SMS zu senden. Dann kommt nämlich die Mitteilung, daß das Guthaben aufgebraucht ist. *seufz* Das Guthaben auf der Prepaid-SIM, das ich nur online aufladen kann …

Also habe ich mich dann dank der durch sinnlose Ursachenforschung vertanen Zeit für den (jetzt gemeinsamen) Spaziergang - zum reservierten Tisch im gastlichen Haus - entschieden, dort gut gespeist (die fränkische Küche ist nicht zu verachten!) und gut getrunken (das Bier aber auch nicht!) und nach Rückkehr in die Unterkunft vor einer Viertelstunde endlich ein unbesetztes Surf-Terminal in der Halle erobert und da das Guthaben wieder aufgeladen. So. Wird der Blog-Beitrag doch noch heute veröffentlicht. ;-)

Was ich schon lange erledigt haben wollte

Manche Dinge sind so einfach, daß man sie schon längst getan haben sollte.

Zum Beispiel hätte ich mich nicht Wochen, ach was, Monate darüber ärgern müssen, daß ich aus meinem Auto heraus bei Regen oder auch nur aufgewirbelter Feuchtigkeit erhebliche Sichtprobleme, geschuldet einer schlierigen Frontscheibe, hatte (was im übrigen auch den enormen Verbrauch von Wischwasser im Winter nicht unerheblich mitverursacht haben dürfte). Irgendwann vor Ostern hatte ich dann einen lichten Moment und erwog abgenutzte Wischerblätter - nur um mich jedes Mal bei Regen erneut darüber zu ärgern und bei der nächsten Fahrt wieder zu vergessen, daß ich daran doch etwas tun wollte. In der letzten Woche wurde der Wunsch dann akut, wußte ich doch, daß diese Woche eine längere Dienstreise ansteht, und auf der wollte ich mich nicht mit den Unzulänglichkeiten mangelnden Durchblicks herumplagen. Also wurde der Entschluß gefaßt, diesen Zustand zu ändern.

Nachdem ich momentan sicherlich vieles habe, Zeit aber nicht so recht, versuchte ich mein Glück auf dem Weg zu und von der Arbeit bei dieser und jener Tankstelle, nur um festzustellen, daß man dort mittlerweile nahezu den kompletten Bestand eines Supermarktes erwerben kann, manchmal auch tanken möglich ist, aber alle kraftfahrzeugbezogenen Wünsche darüber hinaus offenbar an der Zielgruppe vorbeigehen. Schon beim dritten Versuch, heute abend, gegen halb zehn, war ich dann aber erfolgreich, fand eine Tankstelle, die Wischerblätter feilbot, und dort nach einiger Suche auch noch ein (!) Exemplar, das nach Beschriftung zu meinem Automobil passen müßte.

Flugs also zugeschlagen und gekauft, getankt … und dann gegrübelt, wie man wohl Wischerblätter wechselt. Ewig nicht mehr gemacht. Ob an diesem Auto je, wer weiß? Besser erst mal heimfahren, bevor man sich in der Öffentlichkeit blamiert. Dort habe ich dann einfach einmal geschaut, wie die Dinger wohl befestigt sein müssen, und kann jetzt bestätigen: "easy clip" ist so easy, daß es sogar für Geisteswissenschaftler mit zwei linken Händen geeignet ist. :-)

Oh, und ich blicke jetzt wieder durch. Auch bei Regen. ;-)

Geht, geht nicht, geht, ...

Nein, es soll heute nicht um Fahrtrichtungsanzeiger, vulgo Blinker, gehen, sondern um einen großen deutschen Freemailanbieter, der sog. "Fun-Domains" anbietet, d.h. die Registrierung von E-Mail-Adressen nicht nur unter der Hauptadresse des Dienstes ("example@freemailer.example"), sondern auch unter weiteren Domains anbietet ("example@cooler-hase.example").

Dieser Anbieter hat offenbar derzeit Probleme mit der Synchronisation der Benutzerdaten zwischen seinen Mailservern, was mir deshalb auffiel, weil eine E-Mail an eine bestimmte Adresse nicht zustellbar war, bei einer Überprüfung der Adresse diese aber gültig erschien. Nachdem dennoch eine weitere Mail als unzustellbar zurückging, habe ich das Phänomen gestern dann etwas systematischer - unter Zuhilfenahme eines entsprechenden Scripts - untersucht, mit überraschendem Ergebnis.

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Vollstreckung ausländischer Urteile als Rechtfertigungsgrund?

Schon vor einigen Monaten wurde im Usenet in der Newsgroup de.soc.recht.strafrecht eine durchaus interessante Frage zur strafrechtlichen Würdigung ausländischer Urteile - bzw. deren Vollstreckung - gestellt, aber leider bisher nicht befriedigend beantwortet.

Wenn im Ausland - man denke an die USA - in einem rechtsförmlichen Verfahren ein Todesurteil gesprochen wird, das dann ein öffentlicher Bediensteter vollstreckt, wie ist dieser Sachverhalt nach deutschem Strafrecht zu beurteilen? Nehmen wir an, der zum Tode verurteilte sei deutscher Staatsbürger, um einen Anknüpfungspunkt (§ 7 Abs. 1 StGB) zu schaffen. Genügt es dann, daß die Hinrichtung in den USA nicht mit Strafe bedroht ist, oder kommt man bei der Prüfung weiter? (Und wie sieht es aus, wenn das entsprechende Verfahren nicht rechtsstaatlichen war - man denke an Todesurteile in totalitären Systemen?)

Wie sieht das bei anderen ausländischen Entscheidungen aus, die bspw. im Rahmen des islamisch geprägten Rechts der Scharia (Hadd-Strafen) verhängt werden, wie die Amputation eines Gliedes als Strafe für Diebstahl? Ändert sich die Beurteilung, wenn die Tat in Deutschland vollzogen, also das Urteil hier vollstreckt wird?

Wie ist es zu beurteilen, wenn die gerichtliche Entscheidung nicht durch einen Amtsträger vollstreckt wird, sondern durch eine Privatperson, bspw. durch den Geschädigten? Ausgangspunkt der Frage war ein Bericht der FAZ, nach dem einer iranischen Studentin, die aufgrund eines Säureattentats eines abgewiesenen Verehrers auf ihr Gesicht entstellt und erblindet ist, das Recht zugesprochen wurde, den Täter gleichfalls durch das Einträufeln von Säure in die Augen zu blenden. Gesetzt den Fall, eine der beteiligten Parteien sei deutscher Staatsbürger (aber die "Täterin" eben kein Amtsträger), wäre der Vollzug dieser Entscheidung dann nach deutschem Recht strafbar? Wenn er im Iran geschieht? Oder wenn er in Deutschland geschieht?

Gibt’s (am besten juristisch fundierte ;-)) Meinungen dazu unter der Leserschaft?

Backscatter

Volle Queue dank Backscatter.

Die Domain eines "Kunden" ;-) war dieser Tage von einem Spam-Run in der schon üblichen Weise betroffen, daß der Bösewicht erfundene Absenderadressen aus der Kundendomain verwendet hat. Unzustellbarer Spam geht dann als Bounce an den vermeintlichen Absender, also den Kunden. So weit, so gut, kennen wir alle.

Dumm nur, daß der Kunde einen Catch-All-Account verwendet, also alle E-Mails an beliebige Adressen der Domain annimmt; noch dümmer, daß er für diesen Catch-All-Account eine Weiterleitung definiert hat, bei der der Zielprovider die Bounces als Spam ausfiltert und die Annahme ablehnt. Einerseits ist das potentiell geeignet, den hiesigen Server in eine Blacklist zu befördern, andererseits bleiben diese Bounces dann als "double bounces" in der Mailqueue liegen. Das Ergebnis kann man an der Graphik ablesen …

Beschlagnahme von E-Mails

Bereits am 31.03.2009 hat der BGH eine bemerkenswerte Grundlagenentscheidung zur Frage der Beschlagnahme von E-Mails getroffen. Wie und unter welchen Voraussetzungen den Strafverfolgungsbehörden der Zugriff auf E-Mails möglich ist, ist nämlich eine bisher noch nicht höchstrichterlich entschiedene, umstrittene und durchaus praxisrelevante Frage, die aufgrund ihrer Komplexität nicht ganz einfach zu beantworten ist. 


Technische Grundlagen

Aus technischer Sicht werden E-Mails im Regelfall beim Absender auf einem unter seiner Kontrolle stehenden System verfaßt und dann über den Mailserver seines Providers (Smarthost) versandt. Dieser Mailserver nimmt die E-Mail entgegen, speichert sie zwischen, ermittelt den für die Empfängeradresse(n) zuständigen Mailserver und liefert die E-Mail nach dort aus. Sobald dies erfolgreich gelungen ist, löscht er die zwischengespeicherte Kopie. Der Mailserver des Empfängers, im Regelfall bei dessen Provider, speichert die eingegangene E-Mail in der Regel in der Mailbox des Empfängers; diese wurde früher zumeist (via POP3) komplett abgerufenen und die eingegangenen E-Mails auf dem Rechner des Empfängers gelesen und gespeichert, heute ist es hingegen oft üblich, die E-Mails in der Mailbox liegen zu lassen und dort auch dauerhaft zu speichern, d.h. nur zum Lesen und Sortieren (via IMAP) auf dieses Postfach zuzugreifen. Von diesem Regelfall gibt es natürlich mögliche Abweichungen und Varianten (Versand über eine Weboberfläche, E-Mail-Weiterleitungen, Speicherung einer Kopie im Postfach etc. pp.), aber mehr oder weniger lassen sich immer dieselben Stationen im Laufweg einer E-Mail unterscheiden.

Am Anfang liegt sie - wie er noch nicht versandte Brief - im Herrschaftsbereich des Absenders; dieser vertraut sie dann einem Telekommunikationsunternehmen an - wie den Brief mit Einwurf in den Briefkasten -, das sie weiterleitet; danach landet die E-Mail dann in einer Mailbox - vergleichbar einem konventionellen Postfach -, immer noch in der Obhut des Telekommunikationsunternehmens; und schließlich ruft der Empfänger sie ab und speichert sie wieder auf seinem eigenen Rechner - wie den aus dem Postfach entnommenen Brief, der zuhause abgelegt wird -. Diese Analogie wird erst dann schwierig, wenn die E-Mails nicht mehr alle abgerufen werden, sondern teilweise oder ganz auf dem Server des Providers verbleiben; dort liegt dann ggf. ein Mix von schon gelesenen (oder abgerufenen) und neu eingegangenen E-Mails vor.

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Austauschbare Freemailer

Am Wochenende schrieb ich schon von einer Anfrage, die mich erreichte und die ich gerne und ausführlich beantwortete - allerdings erfolglos, denn die angegebene E-Mail-Adresse des Fragestellers existierte nicht.

Inzwischen hat sich die Sache geklärt. Ich war nämlich schon am Wochenende experimentierfreudig gewesen und hatte festgestellt, daß es die angegebene Mailadresse bei GMX zwar nicht gibt, aber dafür (mit demselben, ungewöhnlichen Localpart) bei web.de, und dort einmal eine entsprechende Anfrage hingesandt. Inzwischen ist die Antwort da, und sie lautet: Der Fragesteller hat bei seiner Anfrage im Absender schlicht die falsche Domain angegeben.

Was mich trotz allem etwas irritiert. Ich meine, GMX und web.de gehören seit Jahren beide zu United Internet, aber daß man nicht mehr weiß, wo man seine Mailadresse hat? :-O

Exhibitionismus online

Sexuelle Handlungen "vor" einer Person unter 14 Jahren (Kind) nimmt auch der vor (§ 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB), der sich räumlich weit von dem entsprechenden Kind entfernt aufhält und seine sexuellen Handlungen nur (hier: per Webcam) an den Aufenthaltsort des Kindes überträgt, so daß es sie wahrnimmt. So kann man kurz und knapp die Entscheidung des BGH vom 21.04.2009 - 1 StR 105/09 - zusammenfassen.

Der Sachverhalt ist kurz, knapp und in diesem Zusammenhang wenig überraschend:

Nach den Urteilsfeststellungen trat der mehrfach wegen Sexualdelikten vorbestrafte Angeklagte am Mittag des 18. Mai 2007 über das Internet in Kontakt mit [fünf] Kindern […], die zur Tatzeit zwischen fünf und 13 Jahre alt waren und an einem Computer im Wohnhaus […] in E. (Belgien) im Internet surften. Während dieser Verbindung wurden Live-Bilder des Angeklagten und der Kinder mittels Webcam übertragen. Der Angeklagte, dessen Steuerungsfähigkeit wegen einer bei ihm diagnostizierten schweren Persönlichkeitsstörung und seiner exhibitionistischen Neigungen, die schon zu früheren Verurteilungen führten, erheblich im Sinne des § 21 StGB beeinträchtigt war, äußerte zunächst gegenüber [einem Mädchen], dass er sie „ficken“ wolle; außerdem fragte er sie, ob sie sich nicht ausziehen wolle. [Das Mädchen] drehte daraufhin die Webcam weg und teilte dem Angeklagten mit, dass sie erst zwölf Jahre alt sei. Daraufhin schrieb der Angeklagte den Kindern zurück: „Ist egal wie alt ihr seid, willst du dich ausziehen? Ich will dich ficken“. Anschließend richtete der Angeklagte seine Webcam auf sein entblößtes Glied und führte Onanierbewegungen durch, um sich sexuell zu erregen, wobei es ihm darauf ankam, dass die Kinder seine Handlungen am Bildschirm wahrnahmen.

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