Paperless für das Dokumentenmanagement
Vor etlichen Jahren schon habe ich mit dem Gedanken an ein papierloses (Heim-)Büro gespielt, bin dabei aber nie sehr weit gekommen. Immerhin erfasse ich seit 2012 alle Rechnungen elektronisch, bevor … äh … ich sie weiterhin abhefte. (Immerhin drucke ich PDFs aber nicht mehr aus!) Nur war ich mit dem genutzten Dokumentenmanagementsystem nicht mehr zufrieden, weil es gefühlt nahezu mehr Arbeit machte als einsparte. Ich hatte zum Jahresanfang darüber berichtet - und kann jetzt ergänzen, dass das Problem für 2018 (und 2019) in verschärfter Form fortbesteht, weil ich noch keine Zeit gefunden hatte, die damals empfohlenen Lösungen zu evaluieren.
Doch das Finanzamt drängte, und so habe ich das damals empfohlene Paperless getestet - also nicht das Paperless, das Hanno meinte, sondern dasjenige, das ich gefunden hatte.
Und ich bin im Grundsatz auch zufrieden: ich kann einen Haufen Dokumente hineinkippen und bekomme dann nicht für jedes Dokument ein Popup, das ich ausfüllen muss, während ich auf das Dokument selbst nicht zugreifen kann, sondern es landet alles in einer Inbox und kann dort nacheinander bearbeitet werden. Meine Hoffnung, dass sich die manuelle Erkennung von Daten, Rechnungsnummern usw. automatisieren ließe, hat sich (jedenfalls bislang) noch nicht wirklich bestätigt; manchmal werden zumindest die Aussteller erkannt, oft aber auch falsch.
Das Programm ist - obschon eindeutig zur Verwaltung von Belegen vorgesehen - einigermaßen flexibel und akzeptiert auch beliebige Zusatzfelder, erlaubt es allerdings nicht, die verwendeten Felder völlig frei zu definieren; insbesondere lassen sich die (englischen) Bezeichnungen der vordefinierten Felder nicht abändern. Es bietet nicht den Grad der Flexibilität des von mir bisher verwendeten Officemanagers, der dem Nutzer letztlich völlige Freiheit bei der Definition der verwendeten Datenfelder lässt, aber für meine Zwecke genügt es vollständig. Manche Daten wie bspw. die Rechnungsnummer muss man schlicht nicht erfassen; sollte ich jemals danach suchen wollen (was bisher nie der Fall war), würde die Volltextsuche helfen. Ich beschränke mich also auf den “Typ” (Beleg oder Dokument), den “Titel” (hier der Rechnungssteller), “Datum” und “Importdatum”, “Kategorie” und “Unterkategorie”, den “Betrag”, die “Zahlungsart”, ein Freitextfeld für die Steuerrelevanz, Notizen und - bisher nicht genutzt - “Tags”.
Die Möglichkeiten zur Strukturierung und Sortierung der Belege sind für mich etwas ungewohnt, entsprechen aber den heute verbreiteten Bedürfnissen: es gibt keine festen Verzeichnisse, in die man etwas einordnet, sondern zunächst nur vorgegebene Sortierungen nach Alter des Belegs (aber orientiert am Importdatum) und Typ. Ergänzend dazu kann man sich freie “Collections” definieren, in die man entweder Belege per drag&drop einsortiert oder die als “Smart Collections” in der Art eines Filters alle Dokumente/Belege mit bestimmten Eigenschaften zusammenfassen (zum Beispiel alle Ausgaben einer bestimmten Kategorie aus einem bestimmten Jahr o.ä.).
Bei mir sieht das dann ungefähr so aus:
Was die Erkennungsleistung betrifft habe ich den Programm im Übrigen vielleicht etwas unrecht getan: beispielsweise das Datum und wohl auch den Betrag würde es eigentlich regelmäßig erkennen - aber damit kommen wir zum großen Problem der Software. Paperless wurde ursprünglich für den Mac und für US-amerikanische Anwender geschrieben. Ersteres zeigt sich vor allem daran, dass die Windows-Version optisch nicht hundertprozentig gelungen ist und Buttons am unteren Rand des Programmfensters im Vollbildmodus halb hinter der Taskleiste von Windows liegen; beides ist nicht wirklich ein Problem. Letzteres findet sich im Kleingedruckten des “User Guides” formalisiert: “US English system using US Dollar currency formatting”
Ich weiß ja, das die Konversion von Zeichensätzen, aber auch anderen Komponenten der locale nicht ganz einfach ist, aber … ernsthaft? Beinahe hätte ich das Programm deswegen ausgeschlossen, aber mich haben dann Einträge in den FAQs beruhigt: man könne die Anzeige von Beträgen entsprechend anpassen. Und so ist es auch: im Setup kann man das Währungssymbol auswählen (also statt “$” bspw. “€”), und auch den Dezimaltrenner wählen (statt “.” also bspw. “,”). Nur: es funktioniert - unter einem deutschen Windows - nicht.
Nicht wirklich schön ist schon, das Daten auf Belegen zumeist richtig erkannt werden, aber in das Format MM.DD.YYYY
konvertiert werden, so dass also der Monat vorangestellt wird. Das ist hierzulande nicht brauchbar; mit der internationalen Variante YYYY-MM-DD
kann ich leben, aber die amerikanische Schreibweise funktioniert für mich nicht. Das Datum muss ich also jeweils manuell erfassen.
Schlimmer aber ist der Umgang mit Beträgen. Die werden nämlich nach der Eingabe bzw. nach jeder Bearbeitung eines Datenfelds … gelöscht. Sie sind danach schlicht weg und werden nicht gespeichert. Dabei ist es völlig egal, ob in der Konfiguration der Dezimaltrenner auf “.” oder “,” gesetzt ist. Gibt man Beträge mit “.” ein, also bspw. “123.50”, werden sie (immer) entweder nicht gespeichert oder nach der nächsten Bearbeitung irgendeines (!) Feldes wieder gelöscht. Gibt man Beträge mit “,” ein, also bspw. “123,50”, verschwinden das Dokument und der damit verbundene Datensatz (immer) auf Nimmerwiedersehen. Das ist … unschön. Ich kann daher auch nur vermuten, dass Paperless aus den OCR-Daten die Beträge richtig extrahieren kann; feststellen kann ich es nicht. Die Ursache ist mir nicht bekannt, lässt sich aber in einer Inkompatibilät zwischen locale des Systems und den Erwartungen des Programms vermuten. Dass Paperless aus der Mac-Welt kommt und an Windows nur angepasst wurde, macht das sicherlich nicht einfacher.
Der naheliegende Workaround, das vordefinierte Feld “Amount” durch ein deutschsprachiges “Betrag” zu ergänzen bzw. zu ersetzen, funktioniert auch nur so halb. Hat dieses Betragsfeld den Typ “Währung”, haben wir dasselbe Problem wie mit dem vordefinierten Feld. Hat es den Typ “Dezimalzahl” … besteht dasselbe Problem. Ich habe “Betrag” jetzt als Textfeld definiert, aber das ist wirklich nicht elegant. Möglicherweise ließen sich die Probleme beheben, wenn ich Windows auf “US English with US Dollar currency formatting” umstelle, aber: nein. Ganz sicher nicht.
Ähnliche Probleme habe ich im Übrigen mit den Unterkategorien - vielleicht habe ich aber auch nur das System noch nicht verstanden. Naheliegend fände ich es, wenn man zu jeder Kategorie spezifische Unterkategorien definieren könnte, die dann auch nur innerhalb dieser Kategorie zur Auswahl stehen. Nach der Gestaltung des Setup-Fensters scheinen mir allerdings Unterkategorien immer für jede Kategorie angezeigt zu werden, was mir nur bedingt sinnvoll erscheint. Wie es wirklich ist, weiß ich noch nicht, weil mir interessanterweise im Auswahlfeld für Unterkategorien nie irgendetwas angezeigt wird …
Sieht man von diesen - m.E. für ein kommerzielles Produkt erheblichen - Mängeln ab, funktioniertr Paperless bislang sehr gut. Auch wenn (weiterhin) die Metadaten fast vollständig selbst erfasst werden müssen, funktioniert das sehr viel angenehmer als bisher, weil ich jederzeit innerhalb des Eingabeprozesses das jeweilige Dokument öffnen und anschauen kann und die Erfassung nicht während des Importprozesses vorgenommen werden muss. Auch die “Smart Collections”, mit denen ich Belege automatisch nach Jahren (und Steuerrelevanz) ordne, gefallen mir gut.
Ich würde das Programm aber dennoch für Anwender außerhalb der USA allenfalls sehr bedingt empfehlen; die Brauchbarkeit ist durch die Unfähigkeit des Umgangs mit anderen Daten- und Zahlenformaten erheblich eingeschränkt.
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