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Mikado: Letztenscheidung

Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag den Schlußstrich unter die schon zwei Jahre zurückliegende Aktion "Mikado" gezogen und die entsprechende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 02.04.009 - 2 BvR 1372/07, 2 BvR 1745/07 -). Zur Besprechung der Entscheidung kann ich im Prinzip auf das verweisen, was ich damals schon schrieb:

Das BVerfG schreibt in seiner Presseerklärung:

Für die Annahme eines Eingriffs genügt es nicht, dass die Daten bei den Unternehmen in einen maschinellen Suchlauf eingestellt werden. Denn im Fall der Beschwerdeführer wurden die Daten anonym und spurenlos aus diesem Suchlauf ausgeschieden und nicht im Zusammenhang mit dieser Ermittlungsmaßnahme behördlich zur Kenntnis genommen.

Also: Kein "Generalverdacht", keine Betroffenheit derjenigen, deren Daten gar nicht als Ergebnis des Suchlaufes ausgeworfen wurden. Ich schrieb damals:

Dazu sollte man sich zunächst einmal vergegenwärtigen, daß bereits die Darstellung, die Polizei habe über 20 Millionen Kreditkartenkonten überprüft und dadurch ein Viertel der deutschen Bevölkerung, nämlich alle Kreditkartenbesitzer, unter Generalverdacht gestellt, falsch ist - diese Überprüfung haben die kartenausgebenden Stellen zum einen selbst ausgeführt (die Daten sind also niemals zur Polizei gelangt), zum anderen wurden auch nicht alle Konten einzeln überprüft, was schon zeitlich gar nicht zu leisten gewesen wäre, sondern es wurden naheliegenderweise durch eine Datenbankabfrage die betroffenen Transaktionen und Kreditkartennutzer herausgefiltert. […] Ihre Daten werden durch die Abfrage nicht ausgeworfen, ihre Daten werden nicht übermittelt - und damit hat es sich. […] Die bloße Zugehörigkeit zu einer Grundgesamtheit, in der konkrete Verdächtige gesucht oder aus der konkrete Verdächtige herausgegriffen werden, macht niemand zum Betroffenen einer Ermittlungsmaßnahme.

Und:

Bedenklich ist meines Erachtens aber die Bewertung, die Beschwerdeführer seien durch den bloßen Besitz einer Kreditkarte und die damit erfolge Einbeziehung ihrer Datensätze in die Abfrage in ihren Rechten betroffen. Logisch fortgeführt bedeutet das, daß gegen jede Halterabfrage eines Kfz-Kennzeichens der Rechtsweg durch jeden Kraftfahrzeughalter eröffnet ist, sind doch seine Datensätze zwingend von dieser Abfrage - bei der die Datenbank der Kraftfahrzeughalter auf den- oder diejenigen Datensatz/Datensätze durchsucht wird, auf den oder die das Kennzeichen (oder das bekannte Teilkennzeichen) paßt - betroffen.

Weiter schreibt das BVerfG:

Zudem wäre die Maßnahme auch dann gerechtfertigt, wenn die Daten der Beschwerdeführer an die Ermittlungsbehörde weitergeleitet worden wären.
Eine Rasterfahndung im Sinne von § 98a StPO oder eine ähnliche Ermittlungshandlung, die an den Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage zu messen wäre, liegt nicht vor, da kein Abgleich zwischen den Datenbeständen verschiedener Speicherstellen stattfand.

Also: Keine Rasterfahndung. Auch dies hatte ich bereits damals betont.

Schließlich teilt das BVerfG mit:

Die Maßnahme beruhte vielmehr auf der Ermittlungsgeneralklausel des § 161 Abs. 1 StPO. Die Übermittlung von Daten jener Kreditkarteninhaber, welche die Tatkriterien erfüllten, berührt diese zwar in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. § 161 Abs. 1 StPO ist jedoch eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage für diesen Eingriff, da die Norm Ermittlungen und damit auch die Datenerhebung auf den Zweck der Tataufklärung begrenzt.

Auch das war eigentlich von Anfang an klar.

Hilfreich ist es aber dennoch, den Sachverhalt einmal in dieser Weise aus Karlsruhe aufgearbeitet zu lesen; und sei es nur deshalb, weil manche Kreise offenbar der Ansicht sind, nur das BVerfG würde tatsächlich Recht sprechen und alle anderen Entscheidungen seien prinzipiell ohne Wert …

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