Mikadostäbchen
In den letzten Tagen bewegten die Ermittlungsmaßnahmen des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt und der Staatsanwaltschaft Halle im Zusammenhang mit der Verbreitung und dem Sichverschaffen von Kinderpornographie im Internet die Gemüter - nicht nur der Spiegel berichtete. Wenn man die Presse, vor allem aber Stellungnahmen in diversen Onlinemedien - Blogs, Diskussionsforen usw. - studiert, bekommt man den Eindruck, dort hätten einige übermotivierte Fahnder ohne jede rechtliche Grundlage Kreditinstitute durch erfundene Drohungen gezwungen, sie alle Kreditkartenkonten bundesweit durchschnüffeln zu lassen, um dabei zu gucken, ob nicht irgendwann mal irgendjemand Kinderpornographie gekauft hat, denn in solchen Fällen rechtfertigt der Zweck die Mittel. Es fallen Stichworte wie Generalverdacht, Willkür, Rastfahndung und Polizeistaat. Das rechtfertigt es, sich einmal aus rechtlicher Sicht mit den Maßnahmen zu beschäftigen, soweit sich der tatsächliche Sachverhalt aus der Presseberichterstattung erahnen läßt, um festzustellen, ob es sich wirklich um einen Skandal oder viel Lärm um nichts handelt.
1. Der vermutliche Sachverhalt
Auf einer Webseite wurden gegen Bezahlung kinderpornographische Bilder ("Schriften" im Sinne des umfassenden strafrechtlichen Begriffes) angeboten. Auf die Mitteilung durch einen privaten Fernsehsender hin wurden die Ermittlungen aufgenommen und ergaben, daß gegen Zahlung eines bestimmten Betrages (rund 80,- EUR) per Kreditkarte, abgewickelt durch einen Zahlungsdienstleister auf den Philippinen Zugriff auf die Bilder usw. zu erhalten war. Daraufhin wurden bundesweit alle kartenausgebenden Stellen unter (dem Wortlaut nach nicht bekanntem) Verweis auf eine mögliche Strafbarkeit im Weigerungsfalle aufgefordert, zu überprüfen, ob ihre Kunden den benannten Betrag an den bekannten Dienstleister bezahlt haben; die Unternehmen haben die Daten von über 300 Kunden mitgeteilt, bei denen daraufhin Durchsuchungen stattfanden, die in der Regel offenbar erfolgreich verliefen. Etliche der Beschuldigten sollen einschlägig vorbestraft oder auffällig gewesen sein.
2. Die rechtliche Bewertung
Der Umgang mit Kinderpornographie ist - vergleichbar zum Umgang mit Drogen und Waffen - ganz weitgehend verboten; das betrifft neben der Herstellung nicht nur den Handel, Absatz, das Ein- und Ausführen und diverse andere Modalitäten, sondern auch den Erwerb, den bloßen Besitz und sogar das "Unternehmen, sie sich zu verschaffen", reicht also weit in den Vortatbereich hinein. Das ist trotz einer ansonsten sehr laxen Sexualmoral auch weitgehend anerkannt und begrüßt. Demnach ergibt sich angesichts der Webseite, über die kinderpornographische Abbildungen vertrieben, ein Anfangsverdacht des Verbreitens kinderpornographischer Schriften, zunächst gegen Unbekannt, nämlich den Betreiber der Webseite.
Darüber hinaus besteht aber auch ein Anfangsverdacht hinsichtlich des Sichverschaffens kinderpornographischer Schriften gegen den- oder diejenigen, der oder die sich die Bilder heruntergeladen hat oder haben. Für einen Anfangsverdacht im Sinne von § 152 StPO genügt es nämlich, daß zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Begehung einer strafbaren Handlung bestehen, wobei auch entfernte Indizien genügen, die es nach kriminalistischer Erfahrung als möglich erscheinen lassen, daß eine verfolgbare Straftat vorliegt (vgl. dazu Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 152 Rz. 4). Es erscheint nicht nur nach "kriminalistischer Erfahrung" als möglich, sondern bereits nach der Lebenserfahrung als wahrscheinlich, daß eine Webseite, auf der der Kauf von Kinderpornographie angeboten wird, nicht ungenutzt bleibt; wir wissen als Internetnutzer alle, wie Suchmaschinen funktionieren, wir wissen, daß gerade Angebote zweifelhafter Legalität umfänglich auf gleichfalls nicht legale Weise beworben werden (Stichwort "Spam"), und es ist vor allem keine Neuigkeit, daß in kriminellen Szenen ein reger Austausch und "Mundpropaganda" herrscht. Das sind hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme, daß da nicht nur verkauft wird, sondern auch gekauft wurde. Neben dem unbekannten Betreiber der Webseite ist die Staatsanwaltschaft daher auch verpflichtet, die gleichfalls unbekannten Abnehmer zu ermitteln.
Sie hat zu diesem Zweck selbst oder durch ihre Ermittlungspersonen alle notwendigen Ermittlungen zu tätigen (§ 161 StPO); dazu steht ihr ein umfangreiches strafprozessuales Instrumentarium zur Verfügung. Zu den einfachsten Maßnahmen gehört dabei - wir kennen das aus jedem Krimi - die Untersuchung des Tatortes, von Tatspuren, - im Krimi - der Leiche und natürlich die Vernehmung von Zeugen. Diese Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und dort vollständig und wahrheitsgemäß Angaben zur Sache zu machen und Fragen zu beantworten (§ 161a StPO); diese Verpflichtung kann erzwungen werden. Der Zeuge muß sich ggf. über den Gegenstand der Vernehmung informieren und seine Erinnerung auffrischen, um wahrheitsgemäße Auskünfte geben zu können.
Nachdem offenbar der Betreiber der Webseite zunächst nicht zu ermitteln war und v.a. der Zahlungsdienstleister zum einen im Ausland saß und zum anderen nicht auszuschließen war, daß er mit dem Betreiber kooperiert, hat sich die Staatsanwaltschaft entschlossen, zunächst die unbekannten Abnehmer zu ermitteln. Sie ist dazu von der naheliegenden Annahme ausgegangen, daß jemand, der genau den verlangten Betrag an genau den bekannten philippinischen Anbieter gezahlt hat, auch den Zugang zu der Webseite gekauft hat und nicht irgendetwas anderes; das ist angesichts der Unwahrscheinlichkeit einer zufälligen Zahlung genau dieser Höhe an genau diesen abgelegenen Anbieter nicht zu beanstanden. Sie hat sich daher entschlossen, informierte Mitarbeiter der deutschen Kreditkartengesellschaften zu der Frage zu vernehmen, welcher ihrer Kunden eine solche Zahlung geleistet hat. Die Mitarbeiter sind, wie ausgeführt, verpflichtet, zu erscheinen und diese Fragen zu beantworten, ggf. sich entsprechend kundig zu machen, wenn ihnen die Antwort auf diese Frage nicht präsent ist. Ein Auskunftsverweigerungsrecht haben sie nicht; ein Bankgeheimnis in diesem Sinne gibt - und gab - es in Deutschland nicht. Um zum einen der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen zu erleichtern und zum anderen den Aufwand auch für die Unternehmen gering zu halten, wurde ihnen angeboten, die Frage schriftlich zu beantworten; eine solche Vorgehensweise ist üblich und aus Gründen der Verhältnimsäßigkeit auch geboten, genau wie es üblich und geboten ist, in Durchsuchungsbeschlüssen, die auf die Sicherstellung oder Beschlagnahme genau bezeichneter und bekannter Gegenstände abzielen, eine Abwendungsbefugnis durch Herausgabe dieser Gegenstände aufzunehmen, um das Durchwühlen der Wohn- oder Geschäftsräume zu verhindern.
Die Kreditkartenunternehmen haben dieses auf §§ 161, 161a StPO gestützte Auskunftsersuchen zur Vermeidung einer Vernehmung reagiert und die Daten mitgeteilt. Daraufhin wurden Ermittlungsverfahren gegen konkrete Beschuldigte eingeleitet und aufgrund des Verdachts des Sichverschaffens von Kinderpornographie und der begründeten Annahme, Beweismittel dafür in den Wohnräumen aufzufinden, Durchsuchungsbeschlüsse beantragt und vollzogen. Dabei haben sich offenbar die Annahmen - daß es Abnehmer gab, daß diese (und nur oder vor allem diese) über die Abfrage der Kreditkartendaten ermittelbar sind und daß sich dort Beweismittel finden, die die weitere Überführung ermöglichen - bestätigt.
3. Die häufigsten Kritikpunkte
Seltsamerweise habe ich eine solche Beurteilung bisher nicht - oder selten - gelesen, dafür aber massenhaft Vermutungen, tendentiöse Formulierungen und unbegründete Schlußfolgerungen, vermutlich oft erwachsen aus mißverständlicher Berichterstattung, Unkenntnis der Rechtslage und der Ermittlungspraxis, einer Überhöhung des Datenschutzes ins geradezu unermeßliche (die in einem kaum mehr nachvollziehbaren Gegensatz zu seiner tatsächlichen Beachtung und auch Bewertung steht, Stichworte Paybackkarten und StudiVZ) und einem dumpfen, seinerseits oft aus Unkenntnis gespeisten Unbehagen gegen einen drohenden Polizei- und Überwachungsstaat. Man kann natürlich geteilter Meinung darüber sein, ob solche Ermittlungsmaßnahmen erwünscht; über die Rechtmäßigkeit hingegen kann man m.E. nicht wirklich streiten. In jedem Falle sollte man aber erst einmal wissen, wovon man redet, und entsprechende Vergleiche ziehen. Daher möchte ich einige Punkte noch einmal gesondert aufgreifen.
Soweit - auch von fachlicher Seite - der Vorwurf erhoben wird, es habe bereits an einem Anfangsverdacht (wohlgemerkt gegen Unbekannt!) gefehlt, kann ich das nicht recht nachvollziehen. Es genügt natürlich nicht, auf das Ergebnis zu verweisen, daß tatsächlich nach derzeitigem Stand der Ermittlungen über 300 Deutsche dort eingekauft haben; jeder sollte sich aber einmal fragen, ob ihn das überrascht (mich überrascht es nicht). Und wenn uns das nicht überrascht, dann liegt das daran, daß wir alle uns sagen: "Was im Netz angeboten wird, wird auch heruntergeladen oder gekauft". Und das sagen wir uns deshalb, weil wir das Netz kennen - und diese Kenntnis ist nichts anderes als unsere Lebens-, unsere Netzerfahrung. Wenn wir also eine solche Seite sehen, dann werden wir auf das Basis konkreter Anhaltspunkte - nämlich es Angebotes - und unserer Erfahrung davon ausgehen, daß es jedenfalls möglich ist, daß sich jemand - auch aus Deutschland! - dort Kinderpornos bestellt hat. Und genau das nennt sich dann "Anfangsverdacht" und ermöglicht, nein gebietet gar nach dem Legalitätsprinzip entsprechende Ermittlungen.
Der nächste Vorwurf - und der am weitesten verbreitete - ist der, die Ermittlungsmaßnahmen seien unzulässig gewesen; sei es, weil es sich um eine verbotene Rasterfahndung gehandelt habe, sei es wegen fehlender richterlicher Anordnung, sei es, weil das Bankgeheimnis betroffen sei, sei es, weil Millionen Unbeteiliger betroffen gewesen und unter Generalverdacht gestellt worden seien, sei es aus einem bloßen dumpfen Unbehagen heraus.
Dazu sollte man sich zunächst einmal vergegenwärtigen, daß bereits die Darstellung, die Polizei habe über 20 Millionen Kreditkartenkonten überprüft und dadurch ein Viertel der deutschen Bevölkerung, nämlich alle Kreditkartenbesitzer, unter Generalverdacht gestellt, falsch ist - diese Überprüfung haben die kartenausgebenden Stellen zum einen selbst ausgeführt (die Daten sind also niemals zur Polizei gelangt), zum anderen wurden auch nicht alle Konten einzeln überprüft, was schon zeitlich gar nicht zu leisten gewesen wäre, sondern es wurden naheliegenderweise durch eine Datenbankabfrage die betroffenen Transaktionen und Kreditkartennutzer herausgefiltert. Das ist aber keine andere Vorgehensweise als bei jedem anderen Auskunftsersuchen oder jeder anderen Zeugenbefragung auch; wenn nach dem Mord die Nachbarn befragt werden, ob und wenn ja welchen Nachbarn sie zur Tatzeit vielleicht in Tatortnähe gesehen haben, oder wenn - weitgehend dem hiesigen Fall vergleichbares Beispiel - nach einer Tat nach einem Fluchtfahrzeug gesucht wird, von dem Farbe, Modell und ein Teil des Kennzeichens bekannt ist und sodann bundesweit nach allen schwarzen Vans mit Münchner Kennzeichen und den letzten beiden Ziffern "48" gesucht wird, käme wohl kaum jemand auf den Gedanken, zu behaupten, damit würden alle Nachbarn oder alle deutschen Fahrzeughalter unter "Generalverdacht" gestellt. Das ist schlicht unsinnig; vielmehr sind die Kreditkartennutzer, die keine 80 EUR auf die Philippinen überwiesen haben (oder im anderen Beispiel die Halter von Fahrzeugen, die keinen schwarzen Van mit Müncher Kennzeichen und der Zahl "48" am Ende besitzen), durch die Ermittlungsmaßnahme gar nicht betroffen, weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht (weshalb es auch an einer Betroffenheit der nicht ermittelten Kreditkartennutzer im Sinne von § 98 Abs. 2 StPO fehlen dürfte und entsprechende Anträge auf gerichtliche Überprüfung der Ermittlungsmaßnahmen schon deshalb ohne Erfolg bleiben werden). Ihre Daten werden durch die Abfrage nicht ausgeworfen, ihre Daten werden nicht übermittelt - und damit hat es sich. Wenn man davon ausgeht, der Mörder sei nicht immer der Gärtner, sondern der letzte Anrufer des Opfers gewesen, und im Rufnummernspeicher des Handys eine Rufnummer findet und die im Online-Telefonbuch abfragt, dann stellt man doch - bitte! - nicht alle Handybesitzer in Deutschland unter Generalverdacht! Schon diese Darstellung ist insofern unhaltbar tendentiös und letztlich auch schlicht falsch.
Ein Bankgeheimnis in der Form, die manchem offenbar vorschwebt, gibt es in Deutschland nicht und gab es auch nie. Auch Banken und kartenausgebende Stellen - besser: ihre Mitarbeiter - sind im Strafverfahren zur Aussage über ihre Kunden verpflichtet und müssen dort vollständige, wahrheitsgemäße Anggaben machen.
Eine richterliche Anordnung ist für Vernehmungen nicht erforderlich; noch viel weniger also für ein Auskunftsersuchen, daß auf die Freiwilligkeit der Betroffenen abstellt und zulässige Maßnahmen - Vorladung zur Vernehmung - nur androht. Ihr Fehlen ist also unproblematisch; man sollte sich bitte von der irrigen Annahme freimachen, daß letztlich jede Ermittlungshandlung nur durch den Richter angeordnet werden dürfte. Im übrigen sollte man dabei bitte nicht vergessen, daß genauso wie Vernehmung - oder ihre Androhung in einem Auskunftsersuchen für den Weigerungsfall - genauso auch die Durchsuchung und Beschlagnahme - oder ihre Androhung in einem Auskunftsersuchen für den Weigerungsfall - zulässig gewesen wäre und daher auf Antrag auch richterlich angeordnet worden wäre. Das hätte allerdings deutlich weiter in die Rechte der Betroffenen eingegriffen. Auch die Voraussetzungen einer Rasterfahndung nach § 98a StPO - Straftat von erheblicher Bedeutung gegen die sexuelle Selbstbestimmung und andere Ermittlungsmaßnahmen (im Ausland auf dem Rechtshilfewege!) waren wesentlich erschwert - könnten vorgelegen haben, wobei Kennzeichen einer Rasterfahndung aber in der Regel der Abgleich verschiedener Datenbanken miteinander ist und daher die entsprechenden für den Abgleich erforderlichen Daten an die Ermittlunsgehörden herauszugeben; auch dies ein stärkerer Eingriff als die zielgenaue Herausgabe nur der Personalien und Belastungsbuchungen der Betroffenen.
Eine Ermittlungsmaßnahme erhält im übrigen - das sei nur nebenbei bemerkt - durch die richterliche Anordnung nicht quasi eine besondere Weihe, und die Anordnung durch den Richter macht für den Betroffenen im Ergebnis keinen spürbaren Unterschied. Der Richtervorbehalt ist aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit eine wichtige rechtsstaatliche Sicherung gegen Willkür der Ermittlungsbehörden, die letztlich der Exekutive weisungsgebunden sind; das bedeutet aber zugleich, daß die richterliche Anordnung in einem funktionierenden Rechtsstaat, in dem auch die Exekutive ihrer verfassungsmäßigen Bindung an Recht und Gesetz gehorcht, letztlich nur eine - wichtige! - Formalie ist (die genau dann ihre Bedeutung erlangt, wenn die Exekutive es mit Recht und Gesetz nicht mehr so genau nimmt). Die Ablehnung beantragter Anordnungen durch den Richter ist daher ein sehr seltener Fall - wenig überraschend, hat doch den Antrag zuvor bereits ein genauso wie der Richter ausgebildeter Staatsanwalt, der nicht selten in seiner beruflichen Laufbahn auch einmal Richter vor, anhand derselben rechtlichen Kriterien geprüft (und ihn oft genug auch vorformuliert). Falls es zu einer Ablehnung kommt, liegt der Grund im übrigen meist eher in Divergenzen bezüglich der rechtlichen Beurteilung als in staatsanwaltschaftlicher - oder polizeilicher - Willkür.
Zuletzt liest man manchmal, die Ermittlungsbehörden hätten die Kreditkartenunternehmen mit der falschen Behauptung, sie würden sich bei Weigerung strafbar machen, zu der - unterstellt: rechtswidrigen, unzulässigen, gar nicht gewollten - Datenherausgabe gezwungen. Wenn man einmal beiseite läßt, daß das Auskunftsersuchen wohl rechtmäßig gewesen sein dürfte und daß die Kreditkartenunternehmen wohl eher durch die Drohung mit der Zeugenvorladung motiviert worden sind, ist auch hier schon der Ansatzpunkt aller Voraussicht nach falsch. Nachdem die genaue Formulierung eines solchen Hinweises - so es ihn denn gab - nicht bekannt ist, gehe ich davon aus, daß allenfalls darauf hingewiesen wurde, wer die Auskünfte verweigere (oder die Betroffenen darüber informiere - das halte ich im übrigen für die wahrscheinlichere Variante), könne sich strafbar machen; das ist im Hinblick auf § 258 StGB - Strafvereitelung - jedenfalls nicht völlig unzutreffend. Und nachdem Auskunftsersuchen bei Banken und kartenausgebenden Stellen nicht vom Azubi am Schalter bearbeitet werden, sondern regelmäßig von Revision, Rechtsabteilung oder einer anderen Stelle, die zum einen Erfahrungen mit solchen Anfragen hat und zum anderen über rechtliche Kenntnisse verfügt oder auf solche zugreifen kann, wäre eine solche Vorgehensweise - die falsche Androhung strafrechtlicher Konsequenzen - seitens der Staatsanwaltschaft nicht nur rechtswidrig und überflüssig (da andere Zwangsmittel bereitstehen), sondern zudem ebenso naiv wie vorhersehbar erfolglos.
4. Zusammenfassung
Die Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft waren aller Voraussicht nach rechtmäßig; eine Vorgehensweise auf andere Art wäre gleichfalls rechtmäßig gewesen, hätte aber tiefer in die Rechte der Betroffenen eingegriffen.
Jedenfalls wurden - abseits der rechtlichen Bewertung - nicht alle Kreditkartenbesitzer unter "Generalverdacht" gestellt; es handelt sich nicht um eine Überprüfung von Kreditkarten oder Bankdaten durch die Polizei, vielmehr haben weder die Polizei noch hat sonstwer Einblick in die Kreditkartenkonten der Nichtbeschuldigten genommen.
Die bloße Zugehörigkeit zu einer Grundgesamtheit, in der konkrete Verdächtige gesucht oder aus der konkrete Verdächtige herausgegriffen werden, macht niemand zum Betroffenen einer Ermittlungsmaßnahme.
Überraschend, nein, eher bestürzend ist aus meiner Sicht in erster Linie die weitgehend von Unverständnis geprägte öffentliche Reaktion …
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