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Eigenhändige Unterzeichnung der Revisionsbegründung

Die Revision ist - im Gegensatz zur Berufung - ein Rechtsmittel, mit dem nicht die tatsächlichen Feststellungen zur erneuten Überprüfung gestellt, sondern allein rechtliche Fehler gerügt werden können; das können Verstöße gegen Formvorschriften sein, gedankliche Fehler bei der Beweiswürdigung oder auch Fehler bei der rechtlichen Würdigung (wie zum Beispiel die Frage, wann der Besitz von Kinderpornographie gegeben ist oder unternommen wird). Eine erneute Beweisaufnahme findet vor dem Revisionsgericht aber nicht mehr statt; es arbeitet nur mit dem Akten. Auch eine Hauptverhandlung wird in der Regel vor der Entscheidung nicht durchgeführt.

Wegen dieser Konzentration auf Rechtsfragen kann die Revisionsbegründung - an die schon hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision hohe Anforderungen gestellt werden - nur durch einen Verteidiger, einen anderen Rechtsanwalt oder (durch den Angeklagten selbst) zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; letzteres bedeutet dann nicht, dass der Rechtspfleger in der Rechtsantragsstelle bloß die Ausführungen des Angeklagten "nach Diktat" zu schreiben hätte, sondern vielmehr, dass er dessen Ausführungen in ein sinnvolles rechtliches Gewand kleidet.

Daß man sehr vorsichtig sein muß bei der Einhaltung dieser Formalien belegt eine - schon etwas ältere - Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (vom 15.07.2008 - 4 Ss 257/08 -), der zugrunde lag, daß der beigeordnete (Pflicht-)Verteidiger die Revisionsbegründungsschrift offenbar rechtzeitig diktiert hatte, sie aber nicht mehr (rechtzeitig vor Fristablauf) unterschreiben konnte, nachdem sein Diktat niedergeschrieben worden war. Daher unterzeichnete - wie nicht unüblich - ein anderer Rechtsanwalt (vermutlich aus derselben Kanzlei) mit dem Zusatz "für den nach Diktat verreisten Rechtsanwalt XYZ". Das aber führte zur Verwerfung der Revision als unzulässig ohne jede Prüfung in der Sache:

Die Revision ist unzulässig, da sie nicht formwirksam begründet worden ist. Nach § STPO § 345 STPO § 345 Absatz II StPO kann die Revision – abgesehen vom Fall der Erklärung zu Protokoll – formgerecht nur in einer von dem Verteidiger oder einem RA unterzeichneten Schrift begründet werden. Diese Unterschrift des Verteidigers oder RA ist eine unverzichtbare Voraussetzung der Wirksamkeit. Dazu gehört, dass der Unterzeichnende die volle Verantwortung für den Inhalt der Schrift übernimmt […]. Bestehen daran auch nur Zweifel, so ist die Revisionsbegründung unzulässig […]. Die vorliegende Revisionsbegründungsschrift ist wie folgt unterschrieben:

"N Rechtsanwalt (für den nach Diktat verreisten RA T2)"

Diese Form der Unterschrift mit dem entsprechenden Zusatz lässt darauf schließen, dass der unterzeichnende RA nicht der eigenverantwortliche Verfasser der Revisionsbegründung gewesen ist, sondern lediglich als Vertreter den von einem anderen verfassten und verantworteten Schriftsatz unterschrieben hat […].

Hier kommt hinzu, dass RA T2 dem Angekl. als Pflichtverteidiger beigeordnet worden war, was eine Unterbevollmächtigung des RA N durch RA T2 ausschließt. Es bestehen somit erhebliche Bedenken, dass RA N überhaupt wirksam bevollmächtigt war, die Revision für den Angekl. zu begründen.

Die sich hieraus ergebenden Zweifel an der Eigenverantwortlichkeit und Bevollmächtigung des unterzeichnenden RA führen zur Formunwirksamkeit der Revisionsbegründung und damit zur Unlässigkeit der Revision.