Bahnfahren - das letzte große Abenteuer
Die Bahn … bemüht sich sicherlich sehr, aber macht es einem wirklich nicht leicht, sie zu schätzen.
Ich scherzte noch, bei einem durchgehenden Zug mit reichlich Zeitpuffer, der noch nicht einmal umgekehrt gereiht ist, könne jetzt wohl nicht mehr viel schiefgehen, und sah eine längere Bahnfahrt auf zwei reservierten Plätzen in der 1. Klasse vor mir, gegenüber an einem Tisch, so dass man in Ruhe noch etwas arbeiten kann. So war der Plan.
Allerdings hatte sich die Bahn offensichtlich zwischen der Buchung und dem Tag der Fahrt entschlossen, eine andere ICE-Baureihe einzusetzen, nämlich einen ICE-1 statt einem ICE-4. Daher waren die reservierten Plätze jetzt durchaus woanders als gedacht, und deshalb hat man sie beide auch sinnigerweise doppelt reserviert. (Ich glaube solche Geschichten ja normalerweise nicht: in der Regel stimmen Datum, Zug oder Wagen nicht überein. Nicht so hier: wir standen nebeneinander, beide mit der Reservierung in der App, und haben die Daten verglichen.) Kurz danach tauchte aber ein weiterer ratloser Fahrgast auf, dessen reservierter Sitzplatz schlicht nicht existierte - damit war der Fall dann recht klar. Wir haben uns dann woanders auf reservierte Plätze gesetzt, und als ein Zugbegleiter vorbeieilte (wohin auch immer man im letzten Wagen des Zuges noch eilen kann), diesen angesprochen und um einen Lösungsvorschlag gebeten. (Dem Kundendialog online fiel als “Lösung” nur die Erstattung der Reservierung ein; das allerdings ist keine. Ich bezahle nicht einen größeren Geldbetrag für die 1. Klasse samt Reservierung, um dann - statt konzentriert arbeiten oder wenigstens entspannen zu können - irgendwo zu stehen oder sonstwo zu sitzen.) Der Rat war, sich zwei Wagen weiter zu begeben; da seien alle Plätze als reserviert gekennzeichnet, aber faktisch für genau diese Fälle freigehalten. (Wie sich herausstellte, war das wohl nicht zutreffend, denn es tauchten mehrfach Fahrgäste mit Reservierungen für diese Plätze auf, die wir dann aber ans Zugbegleitpersonal verwiesen haben und danach nicht wiedersahen.) So landeten wir dann in einem Abteil, wenig später zusammen mit einer vierköpfigen Familie auf dem Weg in den Urlaub - aber immerhin gab es dort einen Tisch.
Man mag noch Verständnis dafür haben, dass die Bahn einfach nach Buchung den Zug austauscht - wobei mein Verständnis dafür überschaubar ist; für technische Ausfälle sollte man Reservern einplanen. Mir fehlt aber das Verständnis dafür, dass die Bahn nicht in der Lage ist, die Fahrgäste, über deren Buchungen und Mailadressen sie verfügt, nicht darüber zu informieren und im Optimalfall die Reservierung direkt umzubuchen oder umbuchen zu lassen. Stattdessen offensichtlich die Plätze freizugeben, so dass sie erneut reserviert werden können, ist eine typische “Lösung” der Bahn. Vor Ort geht der “Service” dann weiter: es gibt keinerlei Hinweise, keine Durchsagen (das kam erst - reichtlich kryptisch - im weiteren Zugverlauf), und auch keine anderen “Lösung”svorschläge als “da vorne müsste noch Platz sein, schauen Sie da mal”, und selbst das nur auf Ansprache. Ich würde zumindest erwarten, dass für die betroffenen Fahrgäste ein konkreter, nach Möglichkeit äquivalenter Ausweichplatz angeboten wird.
Als Ergebnis kann man - wie so oft - mitnehmen:
Die Bahn ist weder willens noch in der Lage, geschlossene Verträge einzuhalten und die gebuchte Leistung zu erbringen. Sie hält es auch nicht für notwendig, sich darum in irgendeiner Weise - gar noch vorausschauend - zu kümmern
Wer sich bemüht, vorausschauend zu planen oder eine ordnungsgemäße Lösung zu suchen, ist selbst schuld.
Ich sollte, glaube ich, dazulernen und mich in Zukunft - im Sinne der Bahn - klüger verhalten.
Kommentare
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Thomas Hochstein am :
Ich kann nunmehr ergänzen: auf der Rückfahrt gab es die reservierten Sitzplätze - allerdings endete der Zug vor dem Zielbahnhof mit 40 Minuten Verspätung. Ankunftsverspätung gut 90 Minuten, dazwischen fünfzig Minuten warten auf einem kalten Bahnsteig.
Die Bahn - jeder Reise ein Abenteuer.
Bei den nächsten Bahnreisen werde ich jetzt einmal stattdessen das Flugzeug ausprobieren, vielleicht geht das ja besser. (Und ich habe mich bisher gefragt, wie man auf die Idee kommen kann, innerdeutsch zu fliegen. Ich glaube, jetzt weiß ich es.)