Der Verteidiger und seine Vollmacht
Der Beschuldigte im Strafverfahren kann sich eines Verteidigers bedienen; dazu erteilt er einem Rechtsanwalt eine entsprechende Vollmacht. Dieser Verteidiger hat dann recht umfangreiche Rechte, unter anderem auch das der Akteneinsicht. Andererseits kann er Mitteilungen der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte für seinen Mandanten entgegen nehmen - was durchaus sinnvoll ist, denn die Kommunikation mit dem Beschuldigten soll nach Einschaltung eines Verteidigers ja über diesen laufen und nicht an ihm vorbei, damit der Verteidiger über den Stand des Verfahrens jederzeit informiert ist. Darüber hinaus regelt § 145a StPO, daß nach Einschaltung eines Verteidigers Zustellungen auch an diesen statt an den Beschuldigten (oder Angeklagten) erfolgen können; so soll die ordnungsgemäße Zustellung von Entscheidungen, aber auch Ladungen sichergestellt werden. Da mit dieser Möglichkeit der Zustellung an den Verteidiger Nachteile für den Beschuldigten verbunden sind - nämlich der Beginn von Fristen, ohne daß ihn persönlich das entsprechende Schriftstück erreicht hat -, darf kein Zweifel darüber bestehen, ob der betreffende Rechtsanwalt nun sein Verteidiger ist oder nicht; daher setzt § 145a StPO voraus, daß sich die Verteidigervollmacht bei der Akte befindet, damit im Zweifel kontrolliert werden kann, ob der Verteidiger nun bevollmächtigt war oder nicht. Das Vorhandensein der Vollmach genügt aber; diese muß keine Zustellungsvollmacht enthalten, denn der Verteidiger, dessen Vollmacht bei den Akten ist, gilt nach § 145a StPO gerade auch ohne entsprechende Regelung in der Vollmacht als zur Entgegennahme von Zustellungen ermächtigt. Sonst könnte der Beschuldigte ja in Versuchung kommen, eine Vollmacht ohne Zustellvollmacht zu erteilen und sich dann, wenn Not besteht, strategisch "unerreichbar" machen und damit den Fortgang des Strafverfahrens behindern oder vereiteln ("untertauchen").
Manche Verteidiger versuchen dennoch, im Sinne ihres Mandanten, aber sicherlich nicht im Sinne der Rechtspflege diese Regelung dadurch zu unterlaufen, daß sie zwar erklären, es bestehe ein Mandatsverhältnis, und darauf gestützt alle Verteidigerrechte wahrnehmen wollen, sich andererseits aber standhaft weigern, eine (schriftliche) Vollmacht vorzulegen, um so wirksame Zustellungen an sie zu vereiteln. Best of both worlds, sozusagen.