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Halloween

Nach einer stürmischen Nacht - rein wetterbedingt - ist heute der Herbst eingefallen; offensichtlich war gestern tatsächlich der letzte milde, ja warme Tag. Und es war Halloween.

Dabei scheint mir vor lauter Kürbissen und Hexen und Monstern nicht nur in den Medien, sondern auch in der Öffentlichkeit manchmal etwas in Vergessenheit zu geraten, daß der 1. November in den südlichen Bundesländern nicht deshalb Feiertag ist, damit man sich von den nächtlichen Strapazen erholen kann, sondern weil das Fest Allerheiligen (und am Folgetag dann Allerseelen) gefeiert wird, Gedenktage für alle Heiligen ohne besonderen Gedenktag im Jahreslauf und für alle Verstorbenen, an denen - insbesondere am gesetzlichen Feiertag, wenn auch Allerseelen eigentlich erst am 2. November begangen wird - die Gräber besucht und vorher hergerichtet werden. Daher - All Hallows Eve(ning) - kommt übrigens auch der Begriff "Halloween".

Besonders ärgerlich finde ich daran, daß dieser Volksbrauch in Kontinentaleuropa und insbesondere Deutschland eigentlich gar keine Wurzeln hat, sondern erst in den letzten Jahren aus dem anglo-amerikanischen Raum - insbesondere aus Nordamerika - herüberschwappt, einerseits durch Filme und Bücher und die Medienberichterstattung, insbesondere aber andererseits aus kommerziellen Erwägungen als weiteres "jahreszeitliches Fest" und damit Anlaß zum Verkauf entsprechenden Kitsches gefördert wird. Dieser eher seichte Ansatz verdrängt dann tatsächlich einheimisches Brauchtum und lenkt von der eigentlich Bedeutung des Festes ab.

Richtiggehend bitter wird das, wenn man sich vergegenwärtigt, daß Halloween insofern für Werbeindustrie und Einzelhandel - und ich fürchte, auch für viele Konsumenten und damit einen erheblichen Teil der Bevölkerung - letztlich nichts anderes ist als andere, vormals christliche Feste auch: nämlich ein Anlaß zum Verkauf bestimmter "jahreszeitlicher" Gegenstände (Kürbisse und Spinnen, "Weihnachtsmänner" - auch diese unserer hiesigen Tradition eigentlich fremd, genau wie Rentiere! - und Lebkuchen, Osterhasen und Eier), wie man eben im Winter Glühwein und im Sommer Grillkohle ins Sortiment nimmt. Und wenn ich dann noch in den Rundfunknachrichten höre, daß "katholische Christen heute Allerheiligen feiern, was für sie bedeutet, daß …", als würde über obskure Riten einer seltsamen Gruppierung irgendwo auf einem anderen Kontinent berichtet, um unter dem Titel "Aus fernen Ländern" etwas zur Allgemeinbildung beizutragen, frage ich mich endgültig, wie weit wir gekommen sind. :-(

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Waszszaf am :

Waszszaf

Katholiken sind in dieser pietistisch geprägten Gegend auch eher obskur. g

Cornelia am :

Cornelia

Dagegen kommt man wahrscheinlich nur durch einerseits hartnäckiges Ignorieren (in den Geschäften) und andererseits wilde Aufklärung an. Und indem man in Kindergärten/Schulen wieder verstärkt auf die traditionellen Feste eingeht … Insbesondere St. Martin bietet sich ja mit Traditionen an, Allerheiligen/Allerseelen ist gerade für Kinder wahrscheinlich schwer zu verstehen.

Was mich an Halloween noch besonders stört, ist die "Lizenz zur Erpressung und Sachbeschädigung", die an einem Tag im Jahr plötzlich vieles erlaubt, was sonst verboten ist. Da darf man dann plötzlich Wände beschmieren oder Gartenzwerge zerstören. Wie kann das sein? In Krefeld wurden dies Jahr sogar Pfeifen einer Kirchenorgel herausgerissen und vor der Kirche verbogen liegen gelassen. Mehrere tausend Euro Schaden! Selbst Kindern müsste man erklären können, dass sowas ziemlich doof ist. Zur Not mit dem kindgerechten Beispiel "Du findest es auch nicht gut, wenn ich zu Dir sage, gib mir Deinen Lolli, sonst reiß ich Deinem Teddy ein Bein aus."

Achja: Allerheiligen ist nicht nur ein Fest, sondern gar ein Hochfest - also eines der Feste der Katholiken.

Opossum am :

Opossum

Die Randale erinnern mich ein bisschen an den "Schulsilvester", welcher traditionell im Kanton Zürich am letzten Schultag des Jahres gefeiert wird. Da zogen früher jeweils ab fünf Uhr früh randalierende Horden von Schülern durchs Quartier, sprengten Briefkästen, brachen Autoantennen ab, lieferten sich Schlachten mit der Polizei etc. Die Stadt Zürich hat diesen Anlass mittlerweile allerdings aus naheliegenden Gründen verboten.

Böse Zungen behaupten übrigens, dass die Katholiken allgemein ziemlich viele Feste haben, da sollte es ja nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, wenn eines davon ausfällt, aber das behaupten nun wirklich nur ganz böse Zungen …

Cornelia am :

Cornelia

Ach, den Katholiken fällt ja dadurch nichts aus. Allerheiligen findet statt wie gewohnt … Schlimmer dürfte es für die Protestanten sein, wenn sie alljährlich (zumindest in Brandenburg) im Radio hören dürfen, wie Leute, auf der Straße nach dem Grund für den freien Tag, antworten: "Na, heute ist doch Halloween."

Thomas Hochstein am :

Thomas Hochstein

Wobei gerade zu befürchten steht, daß die Halloween-Bräuche die Martinsbräuche des "Laternengehens" über kurz oder lang ersetzen …

Zu den rechtlichen Aspekten von Halloween habe ich übrigens noch einen Beitrag in der Pipeline. Ich weiß nur nicht, wann ich dazu komme, ihn fertigzustellen. :-)

Opossum am :

Opossum

Noch schlimmer trifft’s ja die reformierten Gegenden in der Schweiz, hier hat Halloween erst recht nichts zu suchen, da Allerheiligen ja auch kein Feiertag ist … Aber Allerheiligen war früher bei uns an der Schule ohnehin als der Tag bekannt, an dem die Mitschüler aus dem katholischen Aargau jeweils viel zu spät gekommen sind, weil bei ihnen der ÖV Feiertagsfahrplan hatte.

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