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Wissensmanagement mit Bookmarks und Co.

“Informationsgesellschaft” und “Wissensgesellschaft” - oft hört man diese Schlagworte (wobei sich alleine über den Unterschied zwischen beiden vermutlich schon Werke größeren Umfangs verfassen ließen), und tatsächlich sind viele Informationen und allerlei Wissen in unser heutigen Welt im Netz oft nur wenige Klicks entfernt; wer dort regelmäßig umherstreift, kann eine ganze Menge dazulernen. Allerdings stellt sich früher oder später die Frage, wie man diese ganzen interessanten Ressourcen so aufbewahren und strukturieren kann, dass man das, was man einmal gelesen hat, später auch nochmals wiederfinden kann.

Nicht umsonst haben viele private Homepages - auch meine - einmal im wesentlichen als Linksammlungen begonnen, und Linksammlungen waren lange Zeit ein durchaus wesentlicher Teil vieler Webseiten. Das ist auch sicherlich eine gute Möglichkeit, Verweise auf Informationen zu einem bestimmten Thema sowohl für sich selbst an einer Stelle zu sammeln als auch dieses gesammelte Wissen anderen zur Verfügung zu stellen. Nur stellt sich dann sehr schnell die Frage, welche Links in eine solche Sammlung gehören und wie man sie strukturiert. Denn das Netz bietet schon seit vielen Jahren eine solche Fülle an Information, dass es nicht mehr damit getan ist, wie in den Anfangszeiten einfach alle Ressourcen an eine Stelle zu sammeln; daraus entsteht nur eine viele Bildschirmseiten füllende Textwüste ohne größeren Nährwert. Ziel muss es vielmehr sein, die Quellenverweise inhaltlich zu bewerten und sinnvoll zusammenzufassen. Und, nicht zu vergessen, bequem muss es sein: neue Links zu notieren, um sie bei Gelegenheit einmal in eine Linksammlung einzupflegen, ist nicht besonders effizient.

Das Netz wäre nicht das Netz, wenn es für diese Aufgaben nicht eine Vielzahl an Tools gäbe.

Bookmarks, Social Bookmarking und “Read it later”

Eine Lösung stellen Bookmarks, also Lesezeichen, im Browser dar: mit ihnen kann man sich Links zu regelmäßig verwendeten Seiten in das Browser-UI integrieren, und da man Bookmarks auch in Ordnern sammeln und diese nahezu beliebig tief verschachteln kann, ließen sich auf diese Weise auch strukturierte Quellensammlungen erstellen. Diese stehen dann allerdings nur dem Nutzer selbst und grundsätzlich nur auf einem Rechner zur Verfügung; außerdem neigen verschachtelte Ordnerstrukturen ab einem gewissen Umfang dazu, unhandlich zu werden.

Eine andere Möglichkeit stellen Anwendungen für Social Bookmarking dar, soziale Netzwerke, in denen die Nutzer Links (und kurze Beschreibungen) miteinander teilen, sie -zumeist durch Tags - strukturieren und ggf. auch bewerten können. Das ist durchaus praktisch, jedenfalls dann, wenn man die entsprechenden Links öffentlich teilen kann und möchte. Andererseits gibt es auch bei diesen Diensten ein ständiges Kommen und Gehen und viele Veränderungen; der wohl bekannteste Dienst, del.ici.ous bzw. jetzt Delicious, ist ein Paradebeispiel dafür. Und was ist ärgerlicher, als viel Zeit in eine strukturierte Linksammlung zu investieren, nur damit der Anbieter irgendwann einmal von der Bildfläche verschwindet?

Nicht immer ist es im übrigen mit einem Link getan; manche Inhalte verschwinden irgendwann auch wieder aus dem Netz, sei es, weil sie bewusst offline genommen werden, sei es durch ständige Reorganisationen ohne Beachtung der Ratschläge des W3CCool URIs don’t change”, sei es, weil der jeweilige (kostenlose) Anbieter schließt oder der Webseitenbetreiber seine Präsenz aufgibt. Da ist man dann für eine eigene Kopie der jeweiligen Ressource dankbar, wie sie bspw. “Read-it-later“-Dienste wie Pocket oder Instapaper ermöglichen. Auch Notizen- und Archivdienste wie Evernote eignen sich für diese Zwecke.

Und wie so oft stellt sich also heraus, dass die richtige Frage eigentlich nicht lautet, wie man Quellenverweise und Inhalte sammeln und strukturieren kann, sondern welche der vielen denkbaren Lösungen, welches Tool am besten seinen Zweck erfüllt.

Meine Erfahrungen

Ich habe in den letzten 10 Jahren auf diesem Gebiet allerlei ausprobiert.

Mit Bookmarks im Browser konnte ich mich bisher nie so recht anfreunden, obschon ich beruflich schon seit Jahren eine Handvoll häufig genutzter Webseiten auf diese Weise gesammelt habe und das auch ganz gut funktioniert; meist tippe ich daher derzeit die URL aus dem Kopf ein bzw. setze auf die Autovervollständigungsfunktion des Browsers. Das funktioniert im allgemeinen gut - bis zu einem Rechnerwechsel oder einer Neuinstallation. Und auch seltener benutzte Dienste finden sich nicht ganz so schnell - wie war noch einmal die richtige URL für das Konfigurationsinterface bei diesem Provider oder die URL für die PHPmyadmin-Instanz bei jenem Anbieter?

Noch weniger kann ich mir den Aufbau einer Informations- oder Linksammlung auf diese Weise vorstellen. Manche Links finden (fanden) sich daher auf meiner Hompage; 2004 hatte ich auch einmal eine datenbankgestützte Bookmarksammlung angelegt, die ich Anfang 2010 dann zu Delicious verschoben habe. Dort ist sie allerdings zumindest derzeit (nach den diversen Eigentümerwechseln und mehrfachem Relaunch der Plattform) nicht mehr aufrufbar, und ich finde - einige Serverumzüge und restrukturierungen später - auch keine Sicherungskopie meiner eigenen Datenbank mehr. Nun ja. Ich war ohnehin jahrelang nicht dazu gekommen, sie zu pflegen.

Für Bookmarks hatte ich mir eine andere browserübergreifende Lösung überlegt, inspiriert von Zugschlus: eine Browser-Startseite mit häufig genutzten Links, zentral auf meinem Webspace abgelegt, unter einer kurzen URL aufrufbar. Die entsprechenden Seiten wurden zur Vereinfachung der Pflege aus einer Textdatei erstellt und waren getrennt in eine öffentliche Bookmark-Liste, eine passwortgeschützte private Liste mit einer Sammlung der URLs von Konfigurationsinterfaces und Banking-Diensten, und in eine Liste von Links für meine berufliche Tätigkeit, um zentral an einem Ort Links zu den wichtigsten Rechtsvorschriften, Datenbanken pp. zusammenzuführen. Das war dann auch die einzige Seite, die ich (alternativ zu den Browser-Bookmarks) lange Zeit intensiv genutzt habe.

In neuerer Zeit bin ich dann über die Nutzung von Mobilgeräten zu Pocket gekommen; primär deshalb, um auf Twitter o.ä. gepostete Links nicht einzeln aufrufen zu müssen, gerade von unterwegs, wo die Internetverbindung mobil manchmal nicht sehr zuverlässig ist, sondern sie stattdessen zum späteren Nachlesen zu sammeln. Auf Empfehlung - ich meine, von Dirk - sammele ich dort jetzt auch diejenigen Links, aus denen ich dann jeweils meinen Monatsrückblick zusammenstelle. Und schließlich habe ich dort auch einige Webseiten gespeichert, die ich mir dauerhaft merken möchte, weil dort wichtige und hilfreiche Informationen zusammengestellt sind. Auch in meinem Feedreader (ich nutze Feedly) habe ich einige wenige Blogbeiträge auf diese Art und Weise markiert. Zwischendurch habe ich angefangen, sowohl Material für meine Blogs als auch potentiell archivierungswürdige Texte in Evernote zu speichern, teilweise ergänzend, teilweise auch stattdessen.

It’s a mess.

Mein derzeitiges System

Ich habe nun beschlossen, diesen Wildwachs zurechtzustutzen und mir ein strukturiertes System zu überlegen, das auch berücksichtigt, dass es verschiedene Gründe gibt, eine URL zu speichern.

Derzeit arbeite ich folgendermaßen:

  • Links zu häufig aufgerufenen Webseiten lege ich als Bookmarks an und synchronisiere diese mit Firefox Sync zwischen meinen verschiedenen Rechnern; auf diese Art und Weise stehen sie auch nach Rechnerwechsel und Neuinstallation zur Verfügung. Das funktioniert seit einigen Tagen recht gut, und ich habe mich daran schon gewöhnt.

  • Die Sammlung von Rechts-Ressourcen ist zu umfangreich, um sie sinnvoll strukturiert als Bookmarks anzulegen. Zudem geht es dabei oft nicht nur um das schnelle Aufrufen einer bekannten Ressource, sondern genauso um eine Gedächtsnisstütze, welche einschlägigen Rechtsnormen in Betracht kommen oder welche - seltener genutzten - Datenbanken man noch probieren könnte. Daher pflege ich diese Linkliste weiter als Webseite, aber nun nicht mehr als Eigenbau, sondern im Rahmen eines Wikis, so dass sich neue Links auch von überall her ergänzen lassen.

  • Meine - noch wieder aufzubauende - Quellensammlung will ich wieder bei einem entsprechenden Anbieter ablegen; von Delicious habe ich allerdings die Nase voll und teste jetzt Pinboard, das mir sehr sympathisch erscheint und auf das ich bei Andreas Kalt gestoßen bin. Vielleicht finde ich ja doch die bei Delicious gesammelten Einträge einmal wieder …

  • Derzeit plane ich, auch die im Feedreader und Pocket gespeicherten Einträge bei Pinboard zu hinterlegen. Vielleicht lohnt es sich auch, die dort angebotene Archiv-Funktion wahrzunehmen?

  • Pocket werde ich auf jeden Fall weiter nutzen, um Links zum späteren Nachlesen zu speichern und die Beiträge für meinen Monatsrückblick zu sammeln. Was ich - wenn überhaupt - mit Evernote mache, weiß ich noch nicht.

  • Der Vollständigkeit halber: Webseiten sind ja nicht die einzigen Informationsquellen - es gibt weiterhin (gerade in meinem Arbeitsbereich) Zeitschriften und teilweise auch deren Online-Versionen, Fachliteratur (gedruckt oder als E-Book) und relevante Gerichtsentscheidungen. Diese sammele ich seit einiger Zeit in PDF-Form (ggf. nach Einscannen) und trage sie in Citavi zusammen; nur Bücher landen noch, ganz konventionell, in meinem Bücherregal.

Und ihr?

Ich bin sicher nicht der einzige, der vor diesem Problem steht.

Welche Lösungen habt ihr für euch gefunden, welches System nutzt ihr, welche Tools könnt ihr ggf. empfehlen?

Auf eure Erfahrungen und Empfehlungen bin ich gespannt.

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Kommentare

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Thomas Hühn am :

Thomas Hühn

Pinboard rules!

Und ja, das Archiv lohnt sich. Damit hatte ich viel zu lange gewartet.

Mario am :

Mario

Tja, an dieser Aufgabe scheitere ich seit Jahren ;-) . Ich habe noch kein für mich wirklich hundertprozentig funktionierendes System gefunden. Bislang versuche ich, Links zum später lesen sowie Internetseiten/Texte, die ich für mich archivieren möchte, in Evernote unterzubringen. Das geht ja mit der Ordnerstruktur und den Tag-Möglichkeiten dort ganz gut und die Browsererweiterung ist auch nicht schlecht. Ich habe mich bisher gescheut, noch einen weiteren Dienst wie Pocket zu nutzen, werde mir aber Pinboard wohl auch mal ansehen.

Dirk Deimeke am :

Dirk Deimeke

Da haben wir wieder eine Ähnlichkeit. :-)

Mit Bookmarks im Browser werde ich auch nicht warm. Delicious hat mir auch nie gefallen, aber ich nutze seit einigen Jahren und tatsächlich mit wachsender Begeisterung Pinboard. Der Dienst kostet nicht viel, alles ist exportierbar und der Entwickler ist ansprechbar. Die Seite ist designtechnisch nicht so toll, aber sie ist so einfach gehalten, dass sie immer sehr schnell ist. Es gibt Plugins für alle Browser und auch eine nichtoffizielle App für Android.

Mit Pinboard und Crofflr baue ich auch meinen Linkdump.

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